In seinem Tagebuch notierte Wolf überwiegend Alltägliches, beschönigte oder verschwieg in naiver Unbekümmertheit dabei nichts, weder Benzinknappheit noch schlechte Vorgesetzte. Und immer wieder ärgerte er sich über Ausrüstungsmängel bei der Truppe: „Meine Stiefel sind nun endgültig hinüber.“
Zu seinen Aufgaben zählte auch das Abhören ausländischer Rundfunknachrichten. Sobald diese vorüber waren, überkam ihn regelmäßig eine große Sehnsucht nach seinem Zuhause: „Am meisten fliegen die Gedanken nach Moskau, nach dem fernen, heimatlichen Moskau. Das entspricht am besten der süßlichen, schwermütigen Musik, die abends und nachts am häufigsten durch den Äther fließt.“
Und immer wieder geht es in seinen Eintragungen um seine ehemaligen Landsleute und deren Gräuel in der Sowjetunion: „Die Einwohner erzählen schreckliche Dinge von den Deutschen. Es ist einfach unglaublich, dass Menschen zu solchen Bestialitäten fähig sind. Das Wort Deutscher wird im Volke als Schimpfwort gebraucht. Mit ihm wird den Kindern gedroht [...] Es ist schrecklich aber wahr.“ Wolfs Tagebucheintragungen enden im April 1945 kurz vor der entscheidenden Schlacht um Berlin, deren Wiederkehr sich in diesem Jahr zum 80. Mal jährt.
Nach dem Krieg avancierte Konrad Wolf zu einem der wichtigsten deutschen Filmregisseure, der von 1965 bis 1982 zudem das Amt des Präsidenten der Akademie der Künste der DDR bekleidete. Seine Kriegserlebnisse verarbeitete er in dem Film Ich war neunzehn (1967), einem eindrücklichen Plädoyer gegen die Schrecknisse und die Brutalität des Krieges.
Die Kriegstagebücher befinden sich heute im Konrad-Wolf-Archiv der Akademie der Künste, wo sie seit dem Frühjahr auch in vollständig digitalisierter Form vorliegen.
Ansprechpartner: Torsten Musial
