Anspielen gegen eine Kultfigur. Heinz Schubert zum 100. Geburtstag

Datum und Uhrzeit:12.11.2025, 8 UhrFilm, Fotografie, MedienkunstArchiv

Mit der Rolle des Alfred Tetzlaff in der erfolgreichen Fernsehserie Ein Herz und eine Seele hat Heinz Schubert (1925–1999) Fernsehgeschichte geschrieben. Zu seinem 100. Geburtstag ist sein Archiv für die Öffentlichkeit zugänglich.

Schwarz-weiss Foto von zwei Männern, die einen dritten tragen. Zwei Frauen stehen im Hintergrund.
Manfred Krug, Heinz Schubert und Peter Voigt in Der Held der westlichen Welt von John Millington Synge, 1956
Heinz-Schubert-Archiv © Akademie der Künste, Berlin

Noch im letzten Kriegsjahr eingezogen, verwundet und in Gefangenschaft geraten, entschied sich Heinz Schubert nach Kriegsende für den Schauspielberuf. Ein Zufall brachte ihn mit Bertolt Brecht zusammen, der ihn sogleich für das Berliner Ensemble engagierte. Dort blieb Schubert elf Jahre: „Eine pralle Zeit, die ausgefüllt war mit richtiger Theaterarbeit.“ Ihn beeindruckten die intensiven Proben und das gemeinsame Entwickeln einer Inszenierung. Er konnte auch im Kino reüssieren wie in Das Feuerzeug (1959) und 1961 an der Seite von Manfred Krug in Auf der Sonnenseite.

Nach dem Mauerbau ging Schubert, der in West-Berlin wohnte, zunächst an die Münchner Kammerspiele. 1968 wechselte er ans Hamburger Schauspielhaus, wo er häufig bei Peter Zadek spielte, der für ihn zum wichtigsten Regisseur nach Brecht wurde. Seine Filmarbeit setzte er auch in der Bundesrepublik fort.

1973 übernahm Schubert die Rolle des Alfred Tetzlaff in der Serie Ein Herz und eine Seele, einen Charakter, der so gar nicht dem entsprach, was das Fernsehpublikum damals gewohnt war. Tetzlaff, ein prolliger, kleinbürgerlicher Spießer mit Schnauzer und im Feinripp-Unterhemd mit Hosenträgern, drangsaliert seine Familie und wettert gegen alles, was von ihm als anders, als undeutsch empfunden wird: Frauen, Gastarbeiter, Sozialdemokraten, und hält damit seinem Publikum einen Spiegel vor. Die Serie spaltete die Fernsehnation, doch bei der Ausstrahlung schalteten mehr als 60 Prozent ein. Bis heute genießt sie Kultstatus.

Film-Poster mit einer Zeichnung und der Aufschrift Heinz Schubert in Der starke Ferdinand
Der starke Ferdinand, Plakat, 1976
Heinz-Schubert-Archiv © Akademie der Künste, Berlin

Die Rolle hatte Schubert ungeheuer populär gemacht, zugleich aber auch auf dieses Image festgelegt. Große Teile des Publikums konnten mit dem eigentlichen Namen des Schauspielers gar nichts anfangen. Sie vereinnahmten ihn, der nun auch im normalen Leben immer einen zotigen Spruch parat haben sollte. Diese Zuschreibung griff auch die Presse in den folgenden Jahren nahezu ausnahmslos auf.

Jenseits dieser Figur überzeugte Heinz Schubert auch in anderen Rollen. So als Hadschi Halef Omar in der Fernsehserie Kara Ben Nemsi Effendi (1973–1975), als übereifriger Werkschutzangestellter in Alexander Kluges Kinosatire Der starke Ferdinand (1976), als Adolf Hitler und als Heinrich Himmler in Hitler. Ein Film aus Deutschland (1977, Regie: Hans-Jürgen Syberberg) und schließlich als Finanzexperte in Dieter Wedels Mehrteiler Der große Bellheim (1993).

Bereits am Berliner Ensemble hatte Schubert zu fotografieren begonnen: die Probenarbeit, Tourneen nach London und Paris und immer wieder Porträts. Dann wählte er ein etwas ungewöhnliches Medium: Schaufensterpuppen. Seit 1974 fotografierte er über 23.000 von ihnen. An der Schaufensterdekoration faszinierte ihn deren Kreativität und die Ähnlichkeit zur Bühneninszenierung: „Mich reizt am Passanten-Theater die Erinnerung an Pantomime. Das sind alles große, theatralische Posen, gestische Haltungen, die ich da sehe, überhöhte Ausdrucksformen.“ Mehrfach konnte er seine Werke ausstellen.

Heinz Schubert konnte in vielen seiner Rollen überzeugen. Aber mit der des Alfred Tetzlaff hat er Fernsehgeschichte geschrieben. Tetzlaff ist durch ihn zum Mythos geworden – und Schubert zum Volksschauspieler.

Zum Heinz-Schubert-Archiv

Kontakt zum Archiv Film- und Medienkunst: archivfilmundmedienkunst@adk.de

Alle Dokumente sind urheberrechtlich geschützt. Der Nachdruck von Texten und das Kopieren aller anderen Dateien sind nur mit ausdrücklicher Genehmigung durch die Akademie der Künste bzw. durch die Autoren selbst gestattet.

Scroll