ROMEO CASTELLUCCI
WAGNER HAT DAS GRIECHISCHE
THEATER NEU INTERPRETIERT.
MAN KANN BEI IHM DEN WURZELN
DES WESTLICHEN THEATERS
NACHSPÜREN.
Romeo Castellucci, 2012
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Bei Wagner kann man gleichzeitig die absolute Schönheit und das Böse erfahren. Wie zwei unterschiedliche Strömungen, zwei unterschiedliche Temperaturen. […] Es ist eine Reise ins Unbekannte. Wagner rührt an die Mythologie, aber nicht an die historische, sondern an eine individuelle, persönliche, die in jedem von uns wirkt. Man wird auf der emotionalen, zuweilen irrationalen Ebene angesprochen.
Das Wort ›irrational‹ ist immer gefährlich, aber bei Wagner gibt es das, das ist die morbide Seite, die einen Teil des Vergnügens ausmacht. Zumindest ist es für mich ein Vergnügen. Den Parsifal etwa siedelt man gemeinhin im Christentum an. Aber für mich ist die Geschichte ganz und gar nicht christlich. Vielmehr handelt es sich um eine Art Heidentum, die sich hinter christlichen Formen verbirgt. Es gibt da das Blut, aber das ist nicht das Blut Jesu, sondern das der Frau.
Romeo Castellucci, 2012
Abbildung: Temporal Form No. 18. Foto: Ansen Seale.
Plakatmotiv der Parsifal-Inszenierung von Romeo
Castellucci
ROMEO CASTELLUCCI
Regisseur, 1960 in Cesena/Italien geboren, studierte Bühnenbild und Malerei an derAccademia di Belle Arti di Bologna, 1981 Gründung der Socìetas Raffaello Sanzio im norditalienischen Cesena mit Claudia Castellucci und Chiara Guidi. Als Autor, Regisseur, Bühnen- und Kostümbildner, Licht- und Sounddesigner verfolgt Romeo Castellucci durchaus den Ansatz eines Gesamtkunstwerks. Auch seine Dramaturgien sind weniger literarisch-linear, als vielmehr an einer komplexen, bildnerischen Vision von Theater orientiert. Die Socìetas Raffaello Sanzio verfolgt ihre Themen oft jahrelang und ist regelmäßig auf Festivals in ganz Europa zu Gast. 2005 leitete Castellucci die Theaterbiennale in Venedig, 2008 war er Künstlerischer Leiter des Theaterfestivals in Avignon.
Wagner-Inszenierung: Parsifal, 2011 La Monnaie/De Munt, Brüssel