Whose Universal? Der Moderne liegt ein fundamentales Paradox zugrunde. Eine Konferenz zu humanistischen Idealen und kolonialer Realität
Während die Revolutionen der Moderne für sich in Anspruch nahmen, für die Abschaffung von Klassen-, Kasten-, Rang- oder Statusunterschieden zu kämpfen, ist die Moderne auch die Epoche, die das Konzept rassistischer Differenzierung eingeführt hat. Eine Reihe von widersprüchlichen Behauptungen – alle Menschen sind gleich; einige Menschen können „rechtmäßig besessen“ werden – wird gewöhnlich als der Todeskampf einer vormodernen Ordnung abgetan. Aber Race und Rassismus sind, anders als Fremdenfeindlichkeit oder Sektarismus, eindeutig Ideen der Moderne (Andrew Valls, (Hg.), Race and Racism in Modern Philosophy, Ithaca 2005, S. 1.).
Der Rassismus ist keine Abweichung von den universalistischen Idealen der Aufklärung; er ist in deren Kulturtechniken eingebettet. Whose Universal? setzt die Bereitschaft voraus, sich mit der strukturbildenden Rolle von Rassismus in der westlichen Epistemologie auseinanderzusetzen. Andernfalls schaffen Appelle an universelle Werte und Prinzipien – wie „all lives matter“ –, deren strukturelle Widersprüche nur eine unvollständige oder verzerrte Kritik des Kapitalismus ermöglichen, auch in Zukunft zweifelhafte Räume, in denen der öffentliche Diskurs in Richtung Faschismus gelenkt werden kann.
Die Konferenz folgt zwei miteinander verwobenen Strängen. War Economies untersucht die Verstrickungen von Krieg, kolonialen Grenzen und Verschuldung, um das Zusammenspiel von souveräner Macht und Monopolkapitalismus zu beleuchten. Das Ziel von Aesthetic Currencies ist zum einen, das Erhabene und verwandte ästhetische Kategorien wie das Exotische oder Groteske von ihrer ursprünglichen, nachaufklärerischen Tradition zu lösen – einer Geschichte ästhetischer Ideen, die vorgeblich ohne grundlegende schmutzige Verstrickungen an Orten imperialer Extraktion oder Expansion existieren. Zum anderen wird das verstörende Verschmelzen von verkörperter und inkulturierter Erfahrung untersucht, das der Diskurs über philosophische Ästhetik mit sich bringt.
Whose Universal? ist die vierte Ausgabe einer Reihe von Konferenzen zur theoretischen Erörterung der unzureichend verstandenen Beziehung zwischen Siedlerkolonialismus und Faschismus. Zur Diskussion stehen die verschiedenen Facetten des vom Sozialtheoretiker Nikhil Pal Singh beschriebenen Nachlebens des Faschismus sowie deren Affektstrukturen. Die vorherigen Editionen der Serie fanden in La Colonie, Paris (The White West I und The White West II) und der Kunsthalle Wien (The White West III) statt.
Diese Konferenz ist Teil des Diskursprogramms der 12. Berlin Biennale. Ausgehend von der Restitutionsdebatte untersucht es, wie Kolonialismus und Imperialismus in der Gegenwart fortwirken.