Terra Preta / Dunkle Erde 35. Akademie-Gespräch

Akademie-Gespräche

Die Entdeckung einer untergegangenen Hochkultur könnte unseren Alltag verändern: Der Boden des Amazonasgebietes ist nährstoffarm, nur an den früheren Siedlungsorten der Indios findet sich eine Bodenart, die zu den fruchtbarsten der Welt zählt, die Terra Preta – Dunkle Erde. Das Wissen um ihre Herstellung war nach der Eroberung verlorengegangen. Weltweit arbeiten Wissenschaftler heute an der Rekonstruktion dieser Technologie. Diese zu beherrschen könnte der Landwirtschaft wie dem Klimaschutz wichtige Impulse geben. Aufgrund archäologischer Funde muss auch die Geschichte der Amazonasregion neu geschrieben werden.

Im Rahmen des Schwerpunktes zu Brasilien setzt die Akademie der Künste ihre Auseinandersetzung mit relevanten gesellschaftspolitischen Themen mit einem Gespräch über die „Terra Preta“ fort. Ausgehend von Erfahrungen der Indios im Amazonasgebiet wird die Frage diskutiert, wie sich mit dem Wissen vergangener Hochkulturen aktuelle Probleme der wachsenden Weltbevölkerung lösen lassen. Der Schriftsteller Ingo Schulze, Direktor der Sektion Literatur der Akademie, hat dazu Gäste eingeladen, mit denen er einer größeren Öffentlichkeit vermitteln will, was bisher eher in den Zirkeln unterschiedlicher Fachwissenschaften diskutiert wurde. Es geht in diesem Gespräch um die Zukunft der Zivilisation, um den Klimaschutz durch nachhaltiges Wirtschaften, um weltweit notwendige politisch-ökologische Veränderungen.

Gesprächsteilnehmer:
Ulf Rakelmann vom Team Zukunftstechnologie des kommunalen Unternehmens Hamburg Wasser. Er plädiert dafür, Erfahrungen indigener Völker bei der Gewinnung fruchtbarer Schwarzerden zu nutzen, um dem maßlosen Ressourcenverbrauch von fossilen Energieträgern und endlichen Rohstoffen zu begegnen. Es geht ihm darum, Verwertungssysteme für städtische Reststoffe zu entwickeln, die auch von Entwicklungs- und Schwellenländern genutzt werden können und neben dem ökologischen Effekt einer Emmissionsminderung auch die Seuchenhygiene verbessern.
Eduardo Neves (Sao Paulo) hat als Archäologe im Amazonasgebiet an der Erforschung und Neubewertung alter Kulturen einen wesentlichen Anteil. Er fand Belege, dass die Indios ihre landwirtschaftlich genutzten Böden mit Tonscherben und Tongefäßen als Wasserspeicher anreicherten um höhere und stabilere Erträge zu erzielen. Und er konnte Beweise dafür erbringen, dass bis zur Vertreibung und Ausrottung der Bevölkerung durch die europäischen Eroberer große Städte im Amazonasgebiet existierten.
Ralf Otterpohl von der TU Hamburg-Harburg arbeitet seit zwei Jahrzehnten an der Entwicklung von Sanitärsystemen für die ärmeren Regionen der Welt, um katastrophale, krankheitsfördernde Hygienebedingungen zu verbessern. Durch die Wiederentdeckung der „Terra Preta“ im Amazonasgebiet hat seine Arbeitsgruppe einen neuen Ansatz gefunden, einfachere und kostengünstigere Lösungen für Sanitärsysteme zu entwickeln, die zugleich fruchtbare Schwarzerde für die lokale Landwirtschaft produzieren. Bis 2022 sollen damit hundert Millionen Menschen versorgt werden.
Eije Erich Pabst lebt in Manaus (Brasilien). Er hat in den siebziger Jahren die erste Dissertation über die Terra Preta veröffentlicht und in den achtziger Jahren die ersten Regenwaldkampagnen von Greenpeace initiiert.
Klaus Staeck, Präsident der Akademie der Künste

Die Veranstaltung wird unterstützt von HAMBURG WASSER Kompetenz Netzwerk.

Dienstag, 28.9.2010

19 Uhr

Pariser Platz

Plenarsaal

mit Eduardo Neves, Ralf Otterpohl, Eije Erich Pabst, Ulf Rakelmann, Klaus Staeck. Moderation Ingo Schulze. Gespräch auf Deutsch.
€ 5/3, bis 18 frei

Dokumentation

Aufzeichnung des Gesprächs aus dem Plenarsaal der Akademie der Künste, Pariser Platz
in Koproduktion mit ZEITZEUGEN-TV
Die Aufzeichnung wurde auch in ALEX-TV, Offener Kanal Berlin, gesendet.

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Bild: Videostill. Kamera: James-A. Wehse, Uwe Ziegenhagen, Florian Sieber. Schnitt: James-A. Wehse. Leitung: Thomas Grimm