1964

Herbert Tucholski

Der Maler, Grafiker und Publizist Herbert Tucholski stellt erstmals 1921 in Berlin aus und erhält 1929/30 Stipendien an der Villa Romana in Florenz und der Villa Massimo in Rom. Gemeinsam mit Käthe Kollwitz, Werner Heldt und Hermann Blumenthal arbeitet er ab 1933 in den Räumen der „Ateliergemeinschaft Klosterstraße“ – eine nicht programmatische Künstlergemeinschaft, die zu Beginn der NS-Diktatur keine Atelierräume mehr hatten, und auch für jene, die den Weg in die innere Emigration wählten (vgl. H.T. in: Weltbühne, 1969, Nr. 51, S. 1627 f.). Kontinuierlich und unbeirrt von der politischen Situation arbeitet Tucholski auch in der DDR an seinen Werken, lehrt und publiziert. Seine Radierungen und Holzschnitte umfassen Landschaften und Motive aus der Alltags- und Arbeitswelt.

„Der von uns verehrte Maler und Grafiker Herbert Tucholski, der wie Käthe Kollwitz ab 1934 in dem legendären Atelierhaus Klosterstraße in einer Art innerer Emigration gearbeitet hat, konnte uns viel über sie erzählen, wie zum Beispiel über ihre ständige Neugier dem Denken anderer gegenüber und ihre nie nachlassende Arbeitskraft.“

Lothar Böhme, 2017

Textbeiträge zur Preisverleihung

„Seine verhältnismäßig bescheidenen Themen atmen die echte Poesie, die die Welt, die uns umgibt, künstlerisch neu entstehen lässt.“ (Auszug Begründung)

Herbert Tucholski wurde am 21.6.1896 in Konitz (Westpreußen) geboren. Seine Ausbildung begann in den Fächern Glasmalerei, dekorative Malerei und Schrift an der Unterrichtsanstalt des Kunstgewerbemuseums Berlin. Von 1922 bis 1926 studierte er an der Kunstakademie Dresden bei Richard Müller, Max Feldbauer und Ludwig von Hoffmann u.a. Anschließend trieb er plastische Studien an den Vereinigten Staatsschulen Berlin. Ein längerer Studienaufenthalt führte ihn nach Italien, wo er 1929 und 1930 ein Stipendium für die Villa Romana Florenz und für die Deutsche Akademie in Rom hatte. Von 1930 bis 1933 wirkte Herbert Tucholski als Leiter eines Jugendheimes beim Magistrat der Stadt Berlin (Laienzirkel für bildende Kunst und Musik). 1939 erhielt er den Rom-Preis. Seine Werke waren seit 1921 auf vielen Ausstellungen im In- und Ausland vertreten. Von 1957 bis 1959 wirkte Tucholski als Mentor für Grafik am Institut für Bildende Kunst Berlin.

Herbert Tucholski nimmt mit seinem grafischen Schaffen in der Gegenwartskunst der Deutschen Demokratischen Republik als Berliner Künstler einen ehrenvollen Platz ein, sein Name fehlt in keiner repräsentativen Ausstellung deutscher Grafik im In- und Ausland. Auch ohne Lehramt gehört Tucholski seit Jahren zu jenen Lehrmeistern und Erziehern des künstlerischen Nachwuchses und des Publikums, die stilbildend und den Geschmack schulend durch ihr Beispiel wirken.
Die Kunst des bald 68-Jährigen ist ohne Effekthascherei der wechselnden Tagesmoden und vor allem unbeirrt durch die deutschtümelnden Phrasen der Nazizeit in den Jahrzehnten schwerer und oft entsagungsvoller künstlerischer Arbeit zu einer hohen Qualität gereift.

Ein besonderes Merkmal des grafischen Werkes Herbert Tucholskis sind seine Radierungen, die aus dem Erlebnis des Stadtbildes Berlin stammen. Seine verhältnismäßig bescheidenen Themen atmen die echte Poesie, die die Welt, die uns umgibt, künstlerisch neu entstehen lässt. Seine Kunst ist im besten Sinne des Wortes echten Traditionen deutscher Zeichenkunst verbunden und stellt einen Ausgangspunkt auf dem Wege zum sozialistischen Realismus in der Grafik dar.
Da die Förderung und Entwicklung einer fortschrittlichen Nationalkultur die Würdigung verdienstvoller und anerkannter Künstler einschließt, ist die Auszeichnung des Grafikers Herbert Tucholski durch die Verleihung des Käthe-Kollwitz-Preises der Deutschen Akademie der Künste zu Berlin um so mehr gerechtfertigt, weil von dem unermüdlich Schaffenden noch ein schönes und fruchtbares Alterswerk erwartet werden darf.