1971

Curt Querner

Curt Querner verbringt viel Zeit als „Fußreisender“ zwischen seiner Heimat Dresden, Süddeutschland und Österreich. Auf seinen Wegen entdeckt er die alten Meister Grünewald, Dürer, Bruegel, Rubens und Riemenschneider, die einen direkten Einfluss auf seine Arbeit haben. Die Dresdner Großstadterfahrung ist prägend für den eigenen Malstil der frühen Jahre. Einflussreich ist für sein Werk auch die Auseinandersetzung mit Künstlern wie George Grosz, Otto Dix, Georg Lührig und Richard Müller. Querner entscheidet sich für ein Leben als zurückgezogener Maler und entdeckt bereits in den 1930er Jahren die Lebens- und Arbeitsbedingungen der Landbevölkerung als ein für seine gesamte Schaffenszeit wichtiges Thema.

Textbeiträge zur Preisverleihung

„Künstlerisch tief empfundene Bildnisse, wie Bauernmädchen Gabi oder Bauernjunge Erich dokumentieren die unmenschlichen sozialen Verhältnisse auf dem Lande in der kapitalistischen Gesellschaftsordnung.“ (Auszug Laudatio)

Die Sektion Bildende Kunst der Deutschen Akademie der Künste zu Berlin schlägt vor, den Maler und Grafiker Curt Querner mit dem Käthe-Kollwitz-Preis 1971 auszuzeichnen.

Curt Querner gehört zu den besten Vertretern der proletarischen revolutionären deutschen Kunst. Aufbauend auf dem Schaffen von Otto Dix, gestaltet er in Gemälden, wie Demonstration oder Agitator, den Typ des kämpfenden revolutionären Arbeiters. Zu ihm hatte er, der Fabrikschlosser, unmittelbare enge Beziehungen. Als Mitglied der KPD und der ASSO nahm er aktiv an den politischen Kämpfen des Proletariats in Dresden teil. In den von Not und Entbehrung gezeichneten, aber kampfentschlossenen Arbeitern fand er die künstlerische Ausgangsposition für seine Arbeiten. Ende der zwanziger, Anfang der dreißiger Jahre schuf er ein neues Menschenbild, das im Arbeitermädchen Wella die Züge der künftigen Erbauerin einer neuen Gesellschaftsordnung ahnen lässt.

Während er im Erzgebirge Seile verkaufte, um seinen Lebensunterhalt zu bestreiten, entdeckte er ein neues Motiv – den Kleinbauern. Proletarische Klassensolidarität war es, die – künstlerisch tief empfunden – Curt Querner den Kleinbauern als den Sklaven seines Landes sehen ließ. Eben diese Position verhinderte, dass seine Werke in der Zeit des Faschismus von den Kritikern im Sinne der faschistischen Ideologie umgedeutet werden konnten.

Nach seiner Rückkehr aus Krieg und Gefangenschaft setzte Curt Querner konsequent den Weg der realistischen Gestaltung fort. Über die Darstellung von Kriegsgefangenen im Lager und hungernden Kindern gelangte er in den Bildnissen des Bauern Rehn, in der Jungen Bäuerin und dem Bauernmädchen Gabi zu ergreifenden Menschendarstellungen. Ist das Gesicht des Bauern Rehn von den bitteren Erfahrungen eines arbeits- und entbehrungsreichen Lebens geprägt, so kommt in den beiden anderen Werken die Kraft, Gesundheit und das Selbstbewusstsein unserer jungen Menschen zum Ausdruck.

Das Werk Curt Querners ist klar und eindeutig. Das Bekenntnis zum Proletariat im Schaffen dieses Künstlers und seine realistischen kämpferischen Darstellungen, insbesondere in den zwanziger Jahren und Anfang der dreißiger Jahre, die mit künstlerischer Qualität vorgetragen werden, veranlasst die Sektion Bildende Kunst, ihn für die Auszeichnung mit dem Käthe-Kollwitz-Preis 1971 vorzuschlagen.

Laudatio, vorgetragen von Werner Klemke anlässlich der Preisverleihung 1971:

Sehr verehrter Curt Querner!

Es ist für mich eine große Ehre und Freude, Ihnen heute auf Vorschlag der Sektion Bildende Kunst den Käthe-Kollwitz-Preis 1971 der Deutschen Akademie der Künste zu Berlin verleihen zu dürfen.

Sie gehören zu den deutschen Künstlern unseres Jahrhunderts, die ihre bildgestalterische Ausgangsposition im Kampf der von Not und Entbehrung gezeichneten Arbeiterklasse fanden. Gemälde, wie Demonstration und Der Agitator, in denen Sie eindrucksstark proletarischen Kampf schildern, beweisen, dass Sie echte Beziehungen mit den Dargestellten verband. Die proletarische Klassensolidarität ließ Sie den Kleinbauern als Sklaven seines Landes und der bestehenden gesellschaftlichen Klassenverhältnisse erkennen.

Künstlerisch tief empfundene Bildnisse, wie Bauernmädchen Gabi oder Bauernjunge Erich dokumentieren die unmenschlichen sozialen Verhältnisse auf dem Lande in der kapitalistischen Gesellschaftsordnung. Zu diesem Themenkreis gehören auch die zahlreichen Darstellungen des Kleinbauern Rehn, die zu den stärksten Leistungen Ihres Schaffens gehören. Unser neues gesellschaftliches Leben bereichert auch Ihre schöpferische Arbeit, die sich besonders in Landschaften und Darstellungen des Menschen der Gegenwart widerspiegelt. Sie sind Gegenstand Ihrer künstlerischen Auseinandersetzung für unsere Zeit geworden.