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„Erinnern ist Arbeit.“ Artistsʼ Archives
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Walter Benjamin, Ausgraben und Erinnern, Manuskript, 1932, Akademie der Künste, Berlin, Walter Benjamin Archiv
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George Grosz, Clippings „Birds“, o.J., Akademie der Künste, Berlin, George-Grosz-Archiv
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Tagebuch von Ursula Lewy [d. i. Ursula Mamlok], 1937–1944, Einträge vom November 1938, Akademie der Künste, Berlin, Ursula-Mamlok-Archiv
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10 Mark der DDR, signiert von Heiner Müller, 1.7.1990, Akademie der Künste, Berlin, Emine-Sevgi-Özdamar-Archiv
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Heinrich Vogeler, Bootsanleger am Weißen Meer, 1934-1936. Öl auf Leinwand auf Sperrholz kaschiert. 29,8 x 39 cm. Akademie der Künste, Berlin, Kunstsammlung
Wie sieht künstlerische Erinnerungsarbeit aus? Ausgraben. Lesen. Sammeln. Ordnen. Notieren. Aufzeichnen. Überdenken. Durchstreichen. – Es sind Schaffensprozesse, die das Erinnern ausmachen oder begleiten. Sie münden in Notizen, Skizzen, Listen oder Modelle. Sich-Erinnern, so reflektieren Künstler*innen, heißt Nachdenken. Sie beschreiben es als Versuch, das lediglich Im-Kopf-Behaltene in Erinnerung aufzulösen, das Nachträgliche auszuhalten, gegen das Vergessen anzuschwimmen, Gedächtnisstützen zu erfinden, zu scheitern, endlos weiterzuerzählen. Die Erinnerungsfähigkeit muss entwickelt und Erinnerungskritik eingeübt werden. Erinnerungen selbst sind nicht fassbar. Wach bleiben sie nur, wenn sie wieder und wieder heraufgeholt, wenn sie befragt werden.
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Walter Kempowski, Modell für das Echolot
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Edgar Reitz, Produktionstagebuch, Kompaktkassetten
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Schachtel mit persönlichen Gegenständen des Bruders von Uwe Timm
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Mary Wigman, Herbstliche Tänze, Typoskript
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Christa Wolf, aus den Notizen und Vorarbeiten zu Kindheitsmuster
Das Archiv erweist sich zugleich als Ressource und Methode. Es gibt der Materialfülle des Erinnerten einen Ort und Struktur, und es fordert die Auseinandersetzung mit dem Gedächtnis, das Lesen zwischen den Zeilen heraus. Ausgewählte Objekte, Entwürfe und Kunstwerke von Künstler*innen aus dem Archiv der Akademie laden ein, Erinnerungen im Werk aufzuspüren, Speichermedien zu erkunden, archivische Methoden nachzuvollziehen und der Frage nach der Erinnerungspolitik und dem Verhältnis von individuellem und kollektivem Gedächtnis nachzugehen. Sie werden buchstäblich ins Licht gerückt. Es sind keine Erinnerungsgegenstände, doch sie zeugen von der Erinnerung als Triebfeder künstlerischen Schaffens. Walter Benjamins programmatischer Text Ausgraben und Erinnern bildet den Denkrahmen: Das Gedächtnis ist das Medium für die Erkundung der Gegenwart. Resultate der Erinnerungsarbeit, wie die Tagebuchbilder von Einar Schleef, Käthe Kollwitz’ Arbeitskurven, Walter Kempowskis Vorarbeiten zum Echolot, Bildvorlagen von George Grosz oder ein Brief von Inge Deutschkron formieren sich zu einer Konstellation künstlerischer Verfahrensweisen: „Erinnern ist Arbeit.“
Künstlerinnen und Künstler:
Walter Benjamin, Bertolt Brecht, Inge Deutschkron, George Grosz, Walter Kempowski, Käthe Kollwitz, Ursula Mamlok, Heiner Müller / Emine Sevgi Özdamar, Edgar Reitz, Einar Schleef, Axel Schultes / Charlotte Frank, Uwe Timm, Heinrich Vogeler, Mary Wigman, Christa Wolf