Schwindel der Wirklichkeit
Seid umschlungen, Millionen! Immersive Strategien im Theater

Gespräch

Mitwohnen, mitwählen, mitessen oder sogar mitlieben im Theater – von Christoph Schlingensiefs „Partei der letzten Chance“ oder „Hotel Prora“ bis zu den Parallelwelten von SIGNA (zuletzt „Schwarze Augen, Maria“ in Hamburg) wurden den Zuschauern in den letzten 15 Jahren zahlreiche Angebote gemacht, im Theater das wahre Leben zu finden – und zu führen. Aber beginnt, wenn alle Akteure sind und das Theater endet, tatsächlich schon die Wirklichkeit?
Die Theaterwissenschaftsprofessorin Barbara Gronau (Universität der Künste Berlin), der Dramaturg Carl Hegemann (Thalia Theater Hamburg) und die Performance- und Installationskünstlerin Signa Köstler (SIGNA) sprechen im Rahmen des Vorbereitungsbüros für den Programmschwerpunkt Schwindel der Wirklichkeit über die politische Wirkung des kollektiven Als-Ob, den psychologischen Sog der Ganzkörpererzählung und eine Diktatur des Theatralen. Moderation: Petra Kohse.

Barbara Gronau ist Theaterwissenschaftlerin, Dramaturgin und Kuratorin und seit 2013 Professorin für Theorie und Geschichte des Theaters an der Universität der Künste Berlin. 2006 promovierte sie im DFG-Sonderforschungsbereich „Kulturen des Performativen“ der Freien Universität Berlin mit einer Arbeit über die Interferenzen von Theater und Bildender Kunst (Theaterinstallationen. Performative Räume bei Beuys, Boltanski und Kabakov, München: Wilhelm Fink Verlag 2010) und war anschließend als wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Theaterwissenschaft der FU Berlin, als Gastdozentin an den Universitäten in Bern und Mainz und als Juniorprofessorin für Theaterwissenschaft am Institut für Medien- und Kulturwissenschaft der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf tätig. Darüber hinaus war Barbara Gronau immer wieder als Dramaturgin und Kuratorin tätig (Jelinek/Gaigg „Über Tiere“ Zürich/Wien 2007; She She Pop „Schubladen“ 2012; Poker im Osten HAU 2005; Palast der Projekte – zum Verhältnis von Theater und Ökonomie HAU 2008; Entropia – Szenarien der Energie, Radialsystem Berlin 2010).

Carl Hegemann ist Professor für Dramaturgie an der Hochschule für Musik und Theater "Felix Mendelssohn Bartholdy" in Leipzig und seit der Spielzeit 2011/2012 Dramaturg am Thalia Theater Hamburg. Er studierte Philosophie, Literaturwissenschaften und Soziologie in Frankfurt am Main und promovierte 1979 im Fach Philosophie mit einer Arbeit über „Identität und Selbst-Zerstörung“ (Frankfurt/M. 1982). 1980 gründete er mit Frank Wolff das "Frankfurter Kurorchester". Außerdem Tätigkeiten als Redakteur beim ZDF (1984-1985); als Dramaturg am Tübinger Zimmertheater (1979-80), am Staatstheater Wiesbaden (1985-1986); als Dramaturg, Regisseur und Schauspieler beim Ensemble der Ruhrfestspiele Recklinghausen (1986-1989); als Leitender Schauspieldramaturg an den Städtischen Bühnen Freiburg/Breisgau (1989-1992); als Dramaturg an der Volksbühne am Rosa-Luxemburg-Platz, Berlin (1992-1995 und 1998-2006) und als Chefdramaturg am Schauspielhaus Bochum (1995-1996) und am Berliner Ensemble (1996-1998). Gastdramaturgien u. a. am Schauspielhaus Hamburg (1998, 2005), am Schauspielhaus Zürich (2001, 2004), Theater Neumarkt Zürich (2008-2010), am Theater Basel (2000, 2002), am Wiener Burgtheater (2007, 2009), an der Oper Manaus, Brasilien (2007), der Deutschen Oper Berlin (2008 auch Regie), und der Staatsoper Unter den Linden (2010), Oper Basel (2013). Außerdem bei den Bayreuther Festspielen Dramaturg der „Parsifal“-Inszenierung von Christoph Schlingensief (2004-2007) und der „Tannhäuser“-Inszenierung von Sebastian Baumgarten

Publikationen u.a.: „Chance 2000. Wähle dich selbst“ (mit Christoph Schlingensief, Berlin 1998); „Endstation. Sehnsucht. Kapitalismus und Depression I“ (Berlin, 2000); „Das Schwindelerregende. Kapitalismus und Regression“ (Mit Rainald Goetz und Jonathan Meese, Berlin 2004) „Plädoyer für die unglückliche Liebe – Texte über Paradoxien des Theaters“ (Berlin 2005/2010).

Signa Köstler (geborene Sørensen) studierte Kunstgeschichte sowie Film- und Medienwissenschaften an der Universität Kopenhagen. Seit 2001 arbeitet sie als Künstlerin mit der Form der Installation. Finanzieren konnte sie sich das zunächst durch ihre Arbeit als „Champagner Girl“ in Nachtclubs. Die Erfahrungen, die sie dabei mit Nähe und Intimität machte, beeinflussten ihre Projekte stark. 2004 traf sie den österreichischen Performancekünstler Arthur Köstler und gründete mit ihm das Kollektiv SIGNA , zu dem von 2005-2013 auch der schwedische Architekt und Bühnenbildner Bo Nilsson gehörte. Zusammen mit einem Ensemble internationaler Schauspieler bespielen SIGNA leer stehende Gebäude oder Brachflächen und schaffen an diesen Orten geschlossene Welten, deren Narrationen und Machtstrukturen sich der Zuschauer durch Interaktion erschließen muss. Die Performances dauern oft viele Tage, und nicht selten kann der Zuschauer selbst entscheiden, wie lange er bleiben will. Mit „Die Erscheinungen der Martha Rubin“, produziert vom Schauspiel Köln, wurde SIGNA 2008 zum Berliner Theatertreffen eingeladen. Weitere Arbeiten sind u.a. „The Dorine Chaikin Trilogy“ (2007-2008), „Die Hades Fraktur“ (2009), „Die Hundsprozesse“ (2011), „Club Inferno“ (2013) an der Berliner Volksbühne  und zuletzt „Schwarze Augen, Maria“ am Deutschen Schauspielhaus Hamburg .

Petra Kohse ist promovierte Theaterwissenschaftlerin und Journalistin. Sie arbeitete als Kulturredakteurin der "taz" sowie freiberuflich für die "Frankfurter Rundschau", "Theater der Zeit", "Theater heute" u.a. und veröffentlichte Bücher über den Theaterkritiker Friedrich Luft und die Schauspielerin Marianne Hoppe. Sie war Dozentin an der FU Berlin und der UdK Berlin, war Mitgründerin und Redakteurin des Internetportals nachtkritik.de und ist seit 2010 Sekretär der Sektion Darstellende Kunst der Akademie der Künste.    

Mittwoch, 5.2.2014

17 Uhr

Hanseatenweg

Studiofoyer

Gespräch mit Barbara Gronau, Carl Hegemann und Signa Köstler. Moderation Petra Kohse.
Mehr über das Projekt Schwindel der Wirklichkeit

Eintritt frei

Dokumentation

Fotos David Baltzer/bildbuehne.de
3  vlnr. Petra Kohse, Carl Hegemann, Signa Köstler und Barbara Gronau
4  Signa Köstler
5  Signa Köstler
6  Barbara Gronau
Videoaufzeichnung auf den Seiten von www.schwindelderwirklichkeit.de