Radio Zukunft. Tage der Audiokunst Tag des Rezipienten

Festival

Vier Tage lang, vom 7. bis zum 10. März, bietet das Festival "Radio Zukunft" eine Bestandsaufnahme des Umbruchs, in dem sich die akustischen Erzählformen befinden. Am dritten Tag steht der Rezipient im Mittelpunkt.

Das Publikum: Der elektronisch vergesellschaftete Mensch erfährt einen dem Produzenten analogen Wandel. Nicht mehr das Radio, sondern das Internet, das Smartphone, der MP3-Player, der e-Book-Reader oder auch die zunehmenden öffentlichen Vorführungen bestimmen die Rezeptionsformen des neuen Hörers. Die Rezipienten können heute ihre Hör-Produkte aus dem breitesten Spektrum vom traditionellen Handlungshörspiel bis hin zu Soundscapes und Randgebieten der Neuen Musik wählen. Alle gemeinsam sind sie Objekt der Begierde einer Kulturindustrie, die sich ihre Kundschaft passgenau zurechtschneidert.

Das ist die alte Lesart. Zugleich ist der Rezipient im Zeitalter von Facebook und interaktiven Formaten aber heute mehr denn je auch Subjekt der Medienindustrie. Er ist schon längst - der Software sei Dank - selbst zum Produzenten, zum Remix-, zum Mash-up-Künstler geworden.

Der Hörer ist ein gefräßiger Konsument und möchte alles, was es gibt, als Download haben. Er versteht nicht, weshalb er ein Hörspiel aus dem Jahr 1989 nicht einfach genauso herunterladen kann wie er das mit jedem Musiktitel auch tut. Das Netz seinerseits will alle kulturellen Schöpfungen digitalisiert sehen und miteinander verbinden. Es ist nur eine Frage der Zeit, bis das World Wide Web zur universalen Enzyklopädie und Bibliothek auch der Audiokunst wird. Wie steht es da um die Archive des Rundfunks und das Urheberrecht?

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Samstag, 9.3.2013

10 Uhr

ab 10 Uhr. Tagesticket 10 / 5 Euro, Festival-Pass 30 / 15 Euro

Ein Festival der Akademie der Künste und der Kulturstiftung des Bundes in Kooperation mit der Hans-Flesch-Gesellschaft

Dokumentation
Radio Zukunft
Programm 9. März
Tag des Rezipienten


Biografien der Teilnehmer
Mitschnitte und Gespräche bei

10.00 Uhr
Keynote und Tagesmoderation: Golo Föllmer

10.15 Uhr
Andreas Wertz Multimedialität und neue Plattformen des Rundfunks
Was erhofft sich der öffentlich-rechtliche Rundfunk vom multimedialen Produzieren? Andreas Wertz, Unternehmensentwickler beim RBB, spricht über die Entwicklung medienübergreifender Formate und erläutert Perspektiven für das Radio im Zeitalter der digitalen Konvergenz.

10.40 Uhr
Hannes Mehring (frischr GbR) Der Hörer als Akteur: CrowdRadio.de
Mit der App CrowdRadio haben Hörer die Möglichkeit, direkt und mobil Radioprogramm mitzugestalten, während zeitgleich die Rundfunkredaktionen unmittelbar auf Hörermeinungen reagieren können, wann es für sie sinnvoll erscheint. CrowdRadio wurde 2012 mit dem ‚Deutschen Radiopreis für die Beste Innovation’ ausgezeichnet.

11.20 Uhr
Cornelius Huber Entwicklung neuer akustischer Formen bei Audiogent
Perry Rhodan, Geister-Schocker und Sherlock Holmes als Hörspiele, die außerdem noch interaktiv sind: Das alles macht die Firma Audiogent, die sich innovativen narrativen Lösungen verschrieben hat und neue Formate mit populären Stoffen verbindet.

11.50 Uhr
Jens Wawrczeck, Andreas Fröhlich und Richard Gutjahr Erfolgsstorys: Der Kontakt mit dem Hörer
Die Drei Fragezeichen sind mehr als nur ein Mythos: Als Marke haben sie auch  wirtschaftlich zum Überleben der Gattung auf dem freien Markt beigetragen. Was macht ihre Erfolgsstory aus? Richard Gutjahr, Journalist, Blogger und Radio-Innovationsdenker fragt, wie die Kommunikation mit dem Publikum geschieht.

13.30 Uhr
Dietmar Dath ‚50 Shades of Grey’: Die Schwierigkeiten akustischer Drastik von Horror bis Porno, mediengeschichtlich betrachte
Es war der Porno, der letztendlich die VHS-Kassette und auch den Kindle auf dem Markt durchgesetzt hat. Formen der Drastik wie z.B Pornografie oder auch Horror haben die Medienentwicklung von Comics über Video bis zum Netz entscheidend vorangetrieben. Im Akustischen aber hat diese Innovations- und Zuspitzungslogik ihre Tücken.

14.00 Uhr
Andreas Bick und Ingo Kottkamp Pasted! – Remixes, Mashups und das Lob der Kopie
Der Hörer ist viel mehr als nur Hörer, er ist vom Objekt zum Subjekt der Medienindustrie geworden, er steht als Prosument zwischen Urheberrecht und Kreativität. Am Beispiel des Features Pasted! beschreiben Autor und Redakteur das sich daraus ergebende Problem.

15.30 Uhr
Der totale Download- Zugriff oder Übergriff?
Eine Diskussion über das Urheberrecht mit Karl-Nikolaus Peifer, Constanze Kurz, Herbert Kapfer, Fred Breinersdorfer.
Die Frage danach, wie die Rechte von Menschen gesichert werden, die ihren Lebensunterhalt mit Kunst verdienen, wie die Rechte derer abgegolten werden, deren Werke in den Archiven liegen und wie der Zugriff auf künstlerische Werke trotzdem gewährleistet bleiben kann, ist eine der brennendsten in der Kreativindustrie.

17.30 – 19.30 
Hörspielpräsentationen 
mit Ulrich Gerhardt Nostalghia: Meine Klassiker
gewidmet Hermann Naber

Die Grünstein-Variante von Wolfgang Kohlhaase
Regie: Günther Rücker, Rundfunk der DDR 1976, 51 Min.
Paris 1939. In der Zelle eines Untersuchungsgefängnisses sitzen drei Männer in Abschiebehaft: der deutsche Seemann Lodek, ein Grieche von der Insel Korfu und der jüdische Schlachter Grünstein aus Polen. Lodek bringt Grünstein das Schachspielen bei und der Lehrling muss zunächst viele Niederlagen einstecken.

Anschließend Gespräch mit Wolfgang Kohlhaase, Barbara Plensat und Ulrich Gerhardt

Der Tribun von Maurico Kagel
Regie und Musik: Mauricio Kagel, WDR 1979, 56 Min.
Vom Balkon seiner Residenz übt der erste Mann im Staat eine jener endlos dahinfließenden Reden, die er häufig auf Massenkundgebungen vorzutragen pflegt. Die Zugänge zum Hauptplatz sind gesperrt; heftiger Applaus wird eingespielt. Über Lautsprecher werden Märsche eingespielt – ein filmisches Szenario.


ABENDPROGRAMM

20.00 Uhr Live-Act
Kirkjubaerjarklaustur - Radio fiction live von Sebastian Dicenaire
mit Maja Jantar, Vincent Tholomé und Sebastian Dicenaire, Atelier de Création Sonore Radiophonique 2011 (Belgien), 40  Min.
Französisch mit Live-Übersetzung
In einem reichlich heruntergekommenen Island unbestimmter Zeit wird der Durchschnittstourist Sven von seinen Freunden in einem wüsten Moor zurückgelassen. Wie rasend wandert er durchs Gelände und trifft dabei auf eine Herde philosphischer Vögel, einen Haufen unfreundlicher Einheimischer und auf ein Ehepaar - zwei Poltergeister –, die ihr Gedächtnis verloren haben. Das ist alles was von einer Welt übrig geblieben ist, mit der es den Bach hinuntergeht. Ein wahnhaft-absurder Roadmovie, der nur aus Stimmen gemacht ist.


SOUND STAGE
Technische Realisierung durch Taucher Sound Environments

21.30 Uhr
Agon von Werner Cee (8-Kanal-Mischung)
Deutschlandradio Kultur 2010, 46 Min.
Kurz vor seinem Tod zieht sich Luis Buñuel gemeinsam mit Jean-Claude Carrière zum letzten Mal in sein mexikanisches Lieblingshotel zurück, um an einem Drehbuch zu arbeiten. Enttäuscht stellen beide fest, dass die Bar des Hauses verschwunden ist. Der Film wird nie gedreht. 30 Jahre später konfrontiert der Klangkünstler Werner Cee das apokalyptische Skript mit dem Sound der Karfreitagsprozessionen aus Buñuels Heimatstadt Calanda.

Ab 22.00 Uhr
Foyer Musik mit DJ Rafael Jové

22.30 Uhr
Orphée mecanique von Felix Kubin
BR 2012, 50 Min.
"Basierend auf Dino Buzzatis Pop-Art-Comic „Orphi und Eura“ von 1968 hat der Musiker Felix Kubin ein Hörspiel geschaffen, das sich auf eine Suche nach Formen begibt, die den medialen Entwicklungen der Zeit entsprechen. Der Sänger und Schauspieler Lars Rudolph in der Rolle des mechanischen Orpheus hält in der still gestellten Unterwelt die Erinnerung an das geräuschvolle Leben wach. Das Psykotron – ein Instrument, das Orpheus’ Hirnströme direkt in Töne verwandelt - erzeugt eine Kunstform, die ohne das Radio nicht denkbar wäre: den ’Hit‚.“ (Hörspiel des Jahres 2013, aus der Begründung der Jury)

23.30 Uhr
Songs of War and Love von Cathy Milliken
HR 2005, 42 Min.
Claudio Monteverdis »Madrigali guerrieri et amorosi« ist eine Sammlung unterschiedlicher Spielarten weltlicher Vokalmusik, in denen der Dreißigjährige Krieg widerhallt. »Songs of War and Love« versucht in einem Crossover der musikalischen  und textlichen Stile für Liebes- und Kriegserfahrung aus heutiger Perspektive einen Ausdruck zu finden. Dabei ist ein Hörstück entstanden, das sich, auch formal zwischen der Unmittelbarkeit eines konzertanten Liedzyklusses und der Montagekonstruktion eines ausgeklügelten Studiomixes, den beiden Archetypen der Zivilisation stellt.


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Radio Zukunft ist ein Festival der Akademie der Künste und der Kulturstiftung des Bundes

In Kooperation mit der Hans-Flesch-Gesellschaft e.V. – Forum für akustische Kunst, unterstützt von der Gesellschaft zur Verwertung von Leistungsschutzrechten (GVL)

Medienpartner