Otto-Brahm-Matinee: Briefe an Clara Jonas
Otto Brahm, seit 1894 Direktor des Deutschen Theaters Berlin und später des Lessing-Theaters, schrieb im Zeitraum von 1897 bis 1912 über eintausend Briefe an die Ehefrau seines Justitiars Paul Jonas, in die er sich verliebt hatte.
In den Briefen an Clara Jonas berichtet Otto Brahm neben Persönlichem detailliert und humorvoll über die Arbeit am Theater, über Gastspiele, die Arbeit an Texten und die Konkurrenz zu Max Reinhardt, der als Brahms Nachfolger am Deutschen Theater seinen Vorgänger überflügelte.
Die Aufzeichnungen über Begegnungen mit bedeutenden Persönlichkeiten seiner Zeit, vor allem jene zu den mit ihm befreundeten Schriftstellern Arthur Schnitzler und Gerhart Hauptmann, sind höchst aufschlussreich.
Als Otto Brahm am 28. November 1912, vor fast 100 Jahren, starb, behielt Clara Jonas Otto Brahms Briefe, die später von den Erben bewahrt und 2008 von der Akademie erworben wurden – während die Gegenbriefe wohl als verloren gelten müssen.
Eine Auswahl der Briefe von Otto Brahm liest Christian Grashof.
So entstehen Gerüchte!
Auch schon wieder Geschichte: Die Otto-Brahm-Matinee, in der das Archiv Darstellende Kunst am Sonntag, dem 25. November 2012, fast genau 100 Jahre nach Brahms Tod, das Archiv des Theaterkritikers und –leiters der Öffentlichkeit präsentierte. Herzstück des Archivs, an diesem Tage zum ersten Mal in Auswahl gezeigt und gelesen: ca. eintausend Briefe von Otto Brahm, die dieser zwischen 1898 und 1912 an Clara Jonas schrieb, die Geliebte seiner letzten zehn Lebensjahre und gleichzeitig Ehefrau seines Justitiars Paul Jonas. Der Abteilungsleiter Stephan Dörschel begrüßte und stimmte die Zuhörer klug auf Leben und Werk Otto Brahms ein. Christian Grashof, Schauspieler des Deutschen Theaters und Akademiemitglied, las eine Reihe von Briefen. Meine Wenigkeit, u.a. Brahm-Archivarin, hatte die schöne Aufgabe, auf Besonderheiten der Briefe hinzuweisen und ein paar kryptische Abkürzungen aufzulösen. Die Berliner Presse nahm die Veranstaltung freundlichst zur Kenntnis und fügte dem verzwickten Beziehungsgefüge noch eine weitere Facette hinzu: Das in der Veranstaltung in einem Nebensatz erwähnte, von einem Briefwechsel-Herausgeber vermutete Verhältnis zwischen Otto Brahm und Gerhart Hauptmann, wurde – wohl durch ein akustisches Mißverständnis - zu Gerüchten um Brahm und Paul Jonas, den Ehemann der Angebeteten. Otto Brahm wusste schon, warum er Strindbergsche Verhältnisse nicht einmal auf der Bühne sehen wollte: eigentlich war er eine treue Seele.
E. Helmstaedt, 30.11.2012
Fotos der Veranstaltung
Stephan Dörschel, Leiter der Archivabteilung Darstellende Kunst
Elgin Helmstedt, Mitarbeiterin der Archivabteilung Darstellende Kunst
Christian Grashof liest aus Briefen von Otto Brahm, die dieser zwischen 1898 und 1912 an Clara Jonas schrieb
Christian Grashof und Elgin Helmstedt
Blick in den Plenarsaal
Christian Grashof
Vitrinen vor dem Plenarsaal
Fotos: Silke Lipert