Zeit der Götter
Lutz Dammbecks filmische Auseinandersetzung mit dem Bildhauer Arno Breker untersucht die deutsche Beziehung zwischen Kunst und Macht. Breker gehörte zu den meistbeschäftigten Künstler*innen des NS-Staats. Zwischen 1936 und 1945 arbeitete er fast ausschließlich für den Architekten Albert Speer und dessen Planungen für die Umgestaltung Berlins zur „Welthauptstadt“. 1938 wird Breker Professor an der Hochschule für bildende Künste in Berlin; 1944 folgt er dem Ruf als Vorsteher eines Meisterateliers der Preußischen Akademie der Künste und in den Senat der Akademie, im selben Jahr nimmt Adolf Hitler selbst ihn in die „Liste der Gottbegnadeten“ auf. Nach Kriegsende wird Breker als „Mitläufer“ eingestuft und erhält bis zu seinem Tod 1991 zahlreiche private Aufträge von Unternehmern, Politikern (wie Ludwig Erhart und Konrad Adenauer) und Künstlern (wie Salvador Dalí, Jean Cocteau, Jean Marais u.a.).
Ausgehend von Brekers Biografie und vor dem Hintergrund deutscher Kunst- und Zeitgeschichte geht Dammbeck den Fragen nach, wo die Grenze zwischen „autonomer“ Kunst und Machtopportunismus verläuft, ob es eine ästhetische „Unschuldigkeit“ gibt und wo sich ideologische Kontinuitäten nach 1945 ausdrücken. Zeit der Götter kombiniert Dokumentation, Inszenierung und Gespräche mit u.a. Brekers Hauptmodell, dem Sportler Gustav Stührk, Brekers Sekretärin Erna Gabriel, dem Schriftsteller Ernst Jünger, dem Schauspieler Jean Marais, dem Sammler Peter Ludwig sowie Werner Stötzer, einem der namhaften Bildhauer der DDR. Dammbecks Interviewmontage ist auch ein Zeitzeugnis der frühen 1990er-Jahre und ihrem Verhältnis zur jüngsten Vergangenheit.
Im Anschluss an den Film diskutieren die Schriftstellerin Manja Präkels und die Kunsthistorikerin Dorothea Schöne mit dem Filmemacher, moderiert von dem Journalisten Matthias Dell.
Begleitprogram zur Ausstellung MACHT RAUM GEWALT. Planen und Bauen im Nationalsozialismus
Lutz Dammbeck ist bildender Künstler und Filmemacher. Seine Werke wurden in zahlreichen Ausstellungen gezeigt, unter anderem in das XX. jahrhundert. ein jahrhundert kunst in deutschland (Nationalgalerie Berlin, 1999), Paranoia (Akademie der Künste Berlin, 2006), Art of Two Germanys / Cold War Cultures (Los Angeles County Art Museum, 2009) und Nostalgia Is An Extended Feedback (Nam June Paik Art Center Seoul, 2013). Zu seinen bekanntesten Filmen gehören Zeit der Götter (1992), Das Netz – Adorno, LSD und Internet (2003) und Overgames (2015). Dammbeck lebt und arbeitet in Hamburg.
Matthias Dell ist Film- und Medienkritiker, arbeitet für das Deutschlandradio und schreibt die wöchentliche Tatort/Polizeiruf-Kolumne Obduktionsbericht auf ZEIT Online. Autor für Cargo, Merkur, u.a. Bücher: Über Thomas Heise (2014) und Duisburg Düsterburg. Werner Ružička im Gespräch (2018, beide gemeinsam mit Simon Rothöhler).
Manja Präkels arbeitete in den Neunzigerjahren als Reporterin bei der Märkischen Allgemeinen Zeitung. Heute lebt sie als freie Autorin und Musikerin in Berlin und Brandenburg. Für ihren Debutroman Als ich mit Hitler Schnapskirschen aß (2017) erhielt sie u.a. den Anna-Seghers-Preis. Zuletzt erschien die Essay-Sammlung Welt im Widerhall - oder war das eine Plastiktüte? (2022).
Dorothea Schöne ist Kunsthistorikerin und seit 2014 die Künstlerische Leiterin des Kunsthaus Dahlem in Berlin. Davor arbeitete sie freiberuflich als Kuratorin und Kunstkritikerin. Am LA County Museum of Art (LACMA) war sie als kuratorische Assistenz für die Ausstellung Art of Two Germanys / Cold War Cultures (2009) tätig. 2012 war sie Fellow am Deutschen Historischen Institut in Washington D.C. und 2018 Gastkuratorin am HOW Art Museum in Shanghai. 2021 wurde sie mit dem Hans-und-Lea-Grundig Preis ausgezeichnet.