Free German League of Culture - Bildende Künstler im englischen Exil
Im Dezember 1938 trafen sich im Londoner Haus des aus Stuttgart stammenden Rechtsanwalts und Malers Fred Uhlman etwa fünfzig Emigranten aus Deutschland und Österreich und beschlossen die Gründung des Freien Deutschen Kulturbundes in Großbritannien (Free German League of Culture in Great Britain). Drei Monate später fand die offizielle Gründungsversammlung statt. Der Kulturbund verstand sich als überparteiliche Organisation von Gegnern der Nationalsozialisten, steht aber bis heute in dem Ruf, eine von der KPD dominierte Organisation gewesen zu sein. Präsident wurde zunächst der Kritiker Alfred Kerr, seit Sommer 1941 hatte der Maler Oskar Kokoschka dieses Amt inne. Bekannte britische Intellektuelle und Künstler unterstützten den Kulturbund und übernahmen die Schirmherrschaft über viele seiner Aktivitäten.
Der Freie Deutsche Kulturbund (FDKB) hatte Sektionen für Literatur, Theater, Malerei, Musik und Wissenschaft. Er organisierte Veranstaltungen, Lesungen, Vorträge, Konzerte, Ausstellungen sowie Theater- und Revuevorstellungen. Namhafte Künstler und Wissenschaftler zählten zu seinen Mitgliedern und er wurde rasch zu einer der größten Organisationen der deutschsprachigen Emigranten auf der britischen Insel. Er wurde ideell und materiell von bekannten Persönlichkeiten des Landes quer durch alle Parteien und Glaubensgemeinschaften unterstützt.
Im Januar 1940 wurde das Clubhaus des FDKB in der Upper Park Road 36 im Londoner Stadtteil Hampstead eröffnet, das dem Kulturbund von der anglikanischen Kirche zur Verfügung gestellt worden war. Neben Veranstaltungsräumen, einer Bücherei, einem Café und Restaurant beherbergte das Haus auch die Spielstätte der unter den Emigranten beliebten „Kleinen Bühne“ des FDKB. Außerhalb Londons entstanden 16 Ortsgruppen des FDKB, so etwa in Birmingham, Glasgow, Leeds, Manchester und Oxford.
Vor allem für die nach England ins Exil getriebenen bildenden Künstler war die Lage ausgesprochen schwierig. Zeitgenössische deutsche Kunst war in Großbritannien weitgehend unbekannt. Es galt, Ausstellungsmöglichkeiten zu schaffen und Auftragsvergaben zu erreichen. Die Sektion Bildende Kunst des Freien Deutschen Kulturbunds, meist „Malersektion“ genannt, erhielt bei ihren Bemühungen, die Arbeiten ihrer Mitglieder einem größeren Publikum vorzustellen, Unterstützung von namhaften britischen Künstlern, dem einflußreichen Kunstkritiker Herbert Read sowie der Artists’ International Association (AIA), einem linksgerichteten Zusammenschluß britischer bildender Künstler.
Oskar Kokoschka, seit 1941 Präsident des Freien Deutschen Kulturbundes, engagierte sich sehr für dessen Belange. Er nahm an Lesungen teil, eröffnete Ausstellungen und verfaßte zahlreiche Beiträge für die Publikationen des Bundes. Kurz vor seiner Auflösung veröffentlichte der FDKB die Broschüre „Kleine Sammlung 1946“, die einen Überblick über die Arbeit von Schriftstellern und bildenden Künstlern im Exil vermittelte.
Die wohl erfolgreichste Aktion des FDKB war die Ausstellung „Allies inside Germany“, die im Sommer 1942 in London eröffnet und danach als Wanderausstellung unter dem Titel „We accuse – Ten years of Hitler Fascism“ in vielen Städten des Landes gezeigt wurde. Sie informierte über die Lage in Deutschland, über Verfolgung, Unterdrückung und den Widerstand in allen seinen Facetten, vom bürgerlichen und religiös motivierten Widerstand bis hin zu den Untergrundaktivitäten von Sozialdemokraten und Kommunisten. Diese Ausstellung gehörte neben einem bisher kaum beachteten Aufruf des FDKB zur Wiedergutmachung des Unrechts an den europäischen Juden zu den bemerkenswertesten Aktivitäten der im Freien Deutschen Kulturbund in Großbritannien organisierten deutschen Emigranten.
Mehrere Mitglieder der Sektion Bildende Kunst des Freien Deutschen Kulturbundes in Großbritannien kehrten nach dem Zweiten Weltkrieg nach Deutschland zurück und übergaben ihre Nachlässe später dem Archiv der Akademie der Künste.
Vom 2. Februar bis 9. Mai 2010 wird die Ausstellung in Berlin zu sehen sein. Zu einem späteren Zeitpunkt soll sie in Kooperation mit dem Freundeskreis John Heartfield auch in Waldsieversdorf gezeigt werden.
Das Gebäude war dem FDKB von George Bell, dem Bischof von Chichester, zur Verfügung gestellt worden. Bell engagierte sich stark für die Emigranten. Er war mit Dietrich Bonhoeffer befreundet, unterstützte die Bekennende Kirche in Deutschland und wandte sich u. a. öffentlich gegen die Übernahme des Arierparagraphen durch die Evangelische Kirche.
36, Upper Park Road – Seit Januar 1940 das Clubhaus des FDKB in Hampstead
Foto: Tim Morrison, November 2009
(Stand 01.02.2010)
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