1.7.2015, 13 Uhr

Neue Mitglieder der Akademie der Künste

Auf der Frühjahrsmitgliederversammlung 2015 wurden 13 neue Mitglieder in die Akademie der Künste gewählt

Neue Mitglieder sind in der Sektion Musik: Philippe Manoury, Daniel Ott und Helmut Zapf. In die Sektion Literatur wurden gewählt: Jenny Erpenbeck, Günter Kunert, Reiner Kunze, Marie-Luise Scherer und Kathrin Schmidt. Neue Mitglieder der Sektion Darstellende Kunst sind Boris Charmatz, Mark Lammert, Eva Mattes, Thomas Quasthoff und Krzysztof Warlikowski. Die Akademie der Künste zählt nun in ihren sechs Kunstsektionen insgesamt 414 Mitglieder.

Biographische Informationen zu den neuen Mitgliedern:

Boris Charmatz, Tänzer und Choreograph
1973 in Chambéry/Frankreich geboren, lebt in der Bretagne. Klassisches Ballett-Studium an der Pariser Oper und am Konservatorium Lyon. 1992 Mitgründer der Assoziation edna. Von Aatt enen tionon (1996) bis zu manger (2014) schuf er eine Reihe höchst prägnanter Choreographien, die weltweit auf Tournee gehen. Gleichzeitig arbeitet er weiter als Tänzer etwa mit Anne Teresa De Keersmaeker oder Tino Sehgal. Er ist Mitherausgeber der Bücher undertraining / On A Contemporary Dance (mit Isabelle Launay) und Emails 2009-2010 (mit Jérôme Bel) und veröffentlichte 2003 Je suis une école im Zusammenhang mit dem Projekt Bocal, einer nomadischen Schule des Tanzes, die er am Centre National de la Danse in Pantin entwickelte. 2009 übernahm er die künstlerische Leitung des Centre choréographique national de Rennes et de Bretagne und benannte es in Musée de la Danse um, ein Ort, der seitdem als Experimentierraum der internationalen Tanzszene fungiert. 2011 war er associated artist des Festivals in Avignon, 2013 konzipierte er ein dreiwöchiges Programm im New Yorker MoMA, 2014 widmeten ihm die Berliner Festspiele den Schwerpunkt des Festivals Foreign Affairs.

Jenny Erpenbeck, Schriftstellerin und Regisseurin
1967 in Ostberlin geboren, lebt in Berlin. Buchbinderlehre sowie Studium der Theaterwissenschaft und Musiktheaterregie in Berlin. Sie arbeitete zunächst als Regieassistentin am Opernhaus Graz, ab 1997 eigene Inszenierungen in Deutschland und Österreich u.a. ihr eigenes Stück Katzen haben sieben Leben in Graz, Monteverdis L’Orfeo in Aachen, Händels Acis und Galathea an der Staatsoper Berlin. Veröffentlichungen (Auswahl): Geschichte vom alten Kind (1999), Tand. Erzählungen (2001), die Novelle Wörterbuch (2005), Heimsuchung. Roman (2008), Dinge, die verschwinden (2009), Aller Tage Abend. Roman (2012). Auszeichnungen (Auswahl): 2001 Preis der Jury beim Klagenfurter Ingeborg-Bachmann-Wettbewerb, 2009 Preis der LiteraTour Nord, 2013 Schubart-Literaturpreis und Joseph-Breitbach-Preis, 2014 Hans-Fallada-Preis.

Günter Kunert, Schriftsteller
1929 in Berlin geboren, lebt in Kaisborstel/Schleswig-Holstein. Grafikstudium in Ostberlin. Gehörte 1976 zu den Erstunterzeichnern der Petition gegen die Ausbürgerung von Wolf Biermann. 1979 Ausreise aus der DDR. Ab 1976 Mitglied der Akademie der Künste (West), die er 1992 aus Protest gegen die Vereinigung mit der Akademie der Künste (Ost) verließ. Seine Werke umfassen u.a. Erzählungen, Lyrik, Essays, autobiographische Aufzeichnungen, Märchen, Hörbücher und Drehbücher. Veröffentlichungen (Auswahl): Erwachsenenspiele. Erinnerungen (1997), Der alte Mann spricht mit seiner Seele (2006), Als das Leben umsonst war. Gedichte (2009), Tröstliche Katastrophen. Aufzeichnungen 1999-2011 (2013), Fortgesetztes Vermächtnis. Gedichte (2014). Auszeichnungen (Auswahl): 1962 Heinrich-Mann-Preis, 1985 Heinrich-Heine-Preis, 1991 Friedrich-Hölderlin-Preis, 1997 Georg-Trakl-Preis für Lyrik, 2011 Preis der Frankfurter Anthologie.

Reiner Kunze, Schriftsteller
1933 in Oelsnitz/Sachsen geboren, lebt in Obernzell-Erlau/Bayern. Studium der Philosophie und Journalistik in Leipzig. 1977 Übersiedlung in die Bundesrepublik, Gastdozentur für Poetik an den Universitäten München und Würzburg. 1975 Mitglied der Akademie der Künste (West), aus der er 1992 aus Protest gegen die Vereinigung mit der Akademie der Künste (Ost) austrat. Veröffentlichte über 30 Bände mit Gedichten, Prosa, Essays und Übertragungen (Auswahl): Die wunderbaren Jahre. Prosa (1976), Ein Tag auf dieser Erde. Gedichte (1998), Der Kuss der Koi. Prosa und Fotos (2002), lindennacht. Gedichte (2007). Auszeichnungen (Auswahl): 1977 Georg-Trakl-Preis und Georg-Büchner-Preis, 1999 Friedrich-Hölderlin-Preis, 2009 Thüringer Literaturpreis.

Mark Lammert, Bildender Künstler und Bühnenbildner
1960 in Berlin geboren, lebt in Berlin. Von 1979 bis 1986 Studium der Malerei an der Kunsthochschule Berlin und von 1989 bis 1992 Meisterschüler an der Akademie der Künste zu Berlin. 1993 arbeitete Mark Lammert erstmals als Bühnenbildner für Heiner Müllers Inszenierung Duell Traktor Fatzer am Berliner Ensemble. In den darauf folgenden Jahren erhielt er Stipendien für Malerei der Senatsverwaltung für Kulturelle Angelegenheiten Berlin (1994) und der Stiftung Kunstfonds Bonn (1996). Auszeichnungen (Auswahl): Käthe-Kollwitz-Preis der Akademie der Künste (1999), Eberhard-Roters-Stipendium für Malerei der Preußischen Seehandlung. Seit 2011 ist er Professor für Malerei und Zeichnung an der Universität der Künste Berlin.
Seit 1995 arbeitet er häufiger für das Theater, die Oper oder den Tanz, darunter für Jean Jourdheuil (etwa La Finta Giardinera, Staatsoper Stuttgart, 2003), für Dimiter Gotscheff (u.a. Die Perser, Deutsches Theater Berlin, 2006) oder für Reinhild Hoffmann (Exercices du silence, Staatsoper Berlin, 2011).

Philippe Manoury, Komponist
1952 in Tulle/Frankreich geboren, lebt in Straßburg. Musikalische Ausbildung als Pianist und Komponist.
Pionier auf dem Gebiet der interaktiven Live-Elektronik. Ausgedehnte Lehr- und Forschungstätigkeit, 2004 bis 2013 Professor für Komposition an der University of California in San Diego, seit 2013 Kompositionsprofessur am Conservatoire de Strasbourg. Werkauswahl: Cryptophonos für Klavier (1974), Strange Ritual für Instrumentalensemble (2005/2006), Synapse für Violine und Orchester (2010), Echo-Daimónon für Klavier, Orchester und Live-Elektronik (2012), IN SITU für Ensemble und Orchester (2013), Le temps, mode d'emploi für zwei Klaviere und Live-Elektronik (2014). Auszeichnungen (Auswahl): Grand Prix der Société des Auteurs et Compositeurs dramatiques (2001), Prix Pierre de Monaco (2002), Komponist des Jahres 2012 bei den Victoires de la musique classique, Officier des Arts et des Lettres (2014).

Eva Mattes, Schauspielerin
1954 in Tegernsee geboren, lebt in Berlin. Schon als Jugendliche war sie für Film und Theater tätig und erregte 1970 Aufsehen auf der Berlinale mit dem Anti-Vietnam-Film o.k. (Regie: Michael Verhoeven), für den sie 1971, 17-jährig, mit dem Bundesfilmpreis ausgezeichnet wurde. 1972 spielte sie in Fassbinders Die bitteren Tränen der Petra von Kant, im selben Jahr in dessen Wildwechsel nach Franz Xaver Kroetz, wofür sie den Deutschen Filmpreis als beste Darstellerin erhielt. 1972 wurde sie ans Deutsche Schauspielhaus Hamburg engagiert, wo bedeutende Inszenierungen mit Peter Zadek entstanden, u.a. Othello (1976). Während ihrer Zeit am Schauspielhaus war Eva Mattes immer wieder auch Gast an anderen Häusern, u.a. an der Freien Volksbühne Berlin, im Berliner Ensemble, an den Münchner Kammerspielen oder am Burgtheater Wien.
Neben ihrer Theaterarbeit spielt sie weiterhin für Film und Fernsehen, seit 2002 ist sie die Konstanzer Tatort-Kommissarin Klara Blum. Außerdem feiert sie Erfolge mit Liederabenden und Lesungen und nimmt Hörbücher auf. 2011 erschien ihre Autobiographie Wir können nicht alle wie Berta sein.

Daniel Ott, Komponist, Pianist, Darsteller
1960 in Grub/Schweiz geboren, lebt in Berlin. Klavierausbildung, Theaterstudien und Kompositionsstudium. Er war am Aufbau verschiedener freier Theatergruppen beteiligt und gründete 1990 das Festival Neue Musik Rümlingen. Zentrale Arbeitsfelder sind das Neue Musiktheater sowie raum- und landschaftsbezogene interdisziplinäre Projekte. Seit 2005 ist er Professor für Komposition und Experimentelles Musiktheater an der Universität der Künste Berlin. 2016 übernimmt er gemeinsam mit Manos Tsangaris die Künstlerische Leitung der Münchener Biennale - Internationales Festival für neues Musiktheater. Werkauswahl: MusikTheaterZyklus ojota l-V (1999/2002), klangkörperklang - Musik zum Schweizer Pavillon von Peter Zumthor auf der Expo Hannover (2000), Landschaftskompositionen für den Hafen Sassnitz/Rügen (2002), den Wallfahrtsort Heiligkreuz/Entlebuech (2003), die Neisse zwischen Görlitz und Zgorzelec (2005), den Rheinhafen Basel (2006).

Thomas Quasthoff, Sänger (Bass-Bariton)
1959 in Hildesheim geboren, lebt in Berlin. Schon mit 13 Jahren studierte er privat Gesang bei der Hannoveraner Gesangs-Professorin Lotte Lehmann sowie Musiktheorie und Musikgeschichte bei Prof. Ernst Huber-Contwig. Nach dem Abitur absolvierte er ein Jurastudium an der Universität Hannover und arbeitete anschließend als Sprecher beim Norddeutschen Rundfunk. 1987 gewann Thomas Quasthoff den Würzburger Mozart-Wettbewerb und 1988 den Internationalen ARD-Musikwettbewerb. In der Folge machte er – vielfach ausgezeichnet u.a. mit dem Herbert-von-Karajan-Musikpreis und drei Grammys für seine Aufnahmen – als
Lied-, Konzert- und Oratoriensänger Karriere, war auf internationalen Konzert- und Opernbühnen von Amerika bis Japan präsent, arbeitete mit Dirigenten wie Claudio Abbado, Daniel Barenboim, James Levine, Sir Simon Rattle, Christian Thielemann zusammen und trat auch als Jazzsänger auf – bis er 2012 seine 40-jährige Gesangskarriere beendete. Von 1996 bis 2004 hatte Thomas Quasthoff eine Professur an der Hochschule für Musik in Detmold inne und lehrt heute an der Hochschule für Musik Hanns Eisler in Berlin. 2004 erschien seine Autobiographie Die Stimme.

Marie-Luise Scherer, Schriftstellerin und Journalistin
1938 in Saarbrücken geboren, lebt in Damnatz/Niedersachsen. Von 1974 bis 1998 schrieb sie als Autorin für den SPIEGEL ihre literarischen Reportagen. Veröffentlichungen (Auswahl): Ungeheurer Alltag (1988), Der Akkordeonspieler. Wahre Geschichten aus vier Jahrzehnten (2004), Die Bestie von Paris und andere Geschichten (2012), Die Hundegrenze (2013), Unter jeder Lampe gab es Tanz (2014). Auszeichnungen (Auswahl): 1977 und 1979 Egon-Erwin-Kisch-Preis, 1994 Ludwig-Börne-Preis, 2008 Italo-Svevo-Preis, 2011 Heinrich-Mann-Preis, 2015 Samuel-Bogumil-Linde-Preis (gemeinsam mit Stefan Chwin).

Kathrin Schmidt, Schriftstellerin
1958 in Gotha geboren, lebt in Berlin. Studium der Psychologie in Jena mit Abschluss als Diplom-Psychologin. 1986/1987 Sonderkurs am Literaturinstitut Leipzig. Sie arbeitete als Diplompsychologin, Redakteurin und Sozialwissenschaftlerin. Seit 1994 freie Autorin. Veröffentlichungen (Auswahl): Poesiealbum 179 (1982), Die Gunnar-Lennefsen-Expedition. Roman (1998), Koenigs Kinder. Roman (2002), Seebachs schwarze Katzen. Roman (2005), Du stirbst nicht. Roman (2009), Blinde Bienen. Gedichte (2010), Finito. Schwamm drüber. Erzählungen (2011). Auszeichnungen (Auswahl): 1993 Leonce-und-Lena-Preis, 1998 Preis des Landes Kärnten beim Ingeborg-Bachmann-Wettbewerb, 2001 Deutscher Kritikerpreis, 2009 Deutscher Buchpreis und Preis der SWR-Bestenliste, 2011 Novi Sad International Literature Award for Poetry.
    
Krzysztof Warlikowski, Theater- und Opernregisseur
1962 in Stettin/Polen geboren, lebt in Warschau. Nach dem Studium der Geschichte, Philologie und Philosophie in Krakau, absolvierte Krzysztof Warlikowski einen Studienaufenthalt an der Sorbonne in Paris, war Meisterschüler bei Krystian Lupa und assistierte bei Peter Brook in Paris und bei Giorgio Strehler in Mailand. 1999 bis 2007 war er Hausregisseur am Teatr Rozmaitości in Warschau. Außerhalb Polens arbeitete er u.a. in Amsterdam, Berlin, Brüssel, Nizza, München, Tel Aviv und Zagreb. 2008 erhielt Krzysztof Warlikowski den Europäischen Theaterpreis und gründete das interdisziplinäre Kulturzentrum Nowy Teatr in Warschau, dessen künstlerischer Direktor er ist. Zu seinen letzten Inszenierungen zählen Textcollagen wie (A)pollonia (2009) und Koniec (2010) am Nowy Teatr sowie Un Tramway (nach Tennessee Williams, Théâtre de l‘Odéon, Paris, 2010) und zunehmend Opern: Macbeth (La Monnaie, Brüssel, 2010), The Rake´s Progress (Staatsoper Berlin, 2010), Die Frau ohne Schatten (Bayerische Staatsoper, 2013) oder Alceste (Teatro Real, Madrid, 2014).

Helmut Zapf, Komponist, Musiker
1956 in Rauschengesees/Thüringen geboren, lebt in Zepernick bei Berlin. Studium der Kirchenmusik und Meisterschüler an der Akademie der Künste der DDR bei Georg Katzer. Seinen Schaffensschwerpunkt bilden Kammermusik und Ensemblekompositionen, einschließlich Elektronik. Zusammenarbeit mit internationalen Formationen wie ensemble recherche/Frankreich, Les Percussionistes de Strasbourg/Frankreich, Cube/USA, Antipodes/Schweiz, Surplus oder Musikfabrik NRW. Gründer mehrerer Schüler- und Jugendensembles, der Zepernicker RANDFESTSPIELE, Lehraufträge und Förderkurse. Werkauswahl: Albedo-Serie (2000 bis 2005), Das Goldene Kalb (Ballettmusik für 15 Instrumente, Sopran, Tänzer und Elektronik, 2005/2006), Chorfantasie Das Glück für gemischten Chor, Alt solo, Tenorsaxophon, Streichquartett und Klavier (2014). Auszeichnungen (Auswahl): 1987 Premio Valentino Bucchi, 2003 Gewinner des Internationalen Kompositionswettbewerbs der Sparkassen-Kulturstiftung Hessen-Thüringen.