26.9.2022, 15 Uhr
Akademie der Künste trauert um Christoph Schroth
Der Regisseur und Theaterleiter Christoph Schroth, geboren 1937 in Dresden, ist am 20. September 2022 gestorben. Er war seit 1983 Mitglied der Akademie der Künste.
Schroth studierte Journalistik, Theaterwissenschaft und Philosophie, ging als Regieassistent 1960 bis 1965 ans Maxim Gorki Theater, dann an die Volksbühne. Von 1966 bis 1971 inszenierte er am Landestheater Halle, dann bis 1973 an der Volksbühne und übernahm 1974 die Schauspieldirektion am Mecklenburgischen Staatstheater Schwerin. Bis 1989 machte er dort das am meisten beachtete Theater in der DDR außerhalb Ost-Berlins, dessen künstlerische Intentionen und kritisches Potential er auch in der Wende- und Nachwendezeit bewahrte, als Oberspielleiter des Berliner Ensembles (1989–1992), Generalintendant am Staatstheater Cottbus (1992–2003) und als freier Regisseur.
Dramatische Wahrhaftigkeit der Konflikte, Zeitnähe und die künstlerische Gemeinschaft mit dem Publikum waren ihm der Sinn des Theaters, das er als genuinen Ort der Freiheit und der Utopie gestaltbarer Veränderung behauptete, oft gegen die Bürokratie. Neben Klassiker-Inszenierungen brachte er immer wieder Gegenwartsstücke zur Ur- und DDR-Erstaufführung, darunter in Halle Martin Sperrs Landshuter Erzählungen (1968, verboten), in Schwerin u. a. 1983 Bruder Eichmann von Heinar Kipphardt und 1984 Demetrius/Dmitri von Friedrich Schiller/Volker Braun, dessen Stück Lenins Tod er 1988 am Berliner Ensemble uraufführte. In Schwerin zählten zu den größten Publikumserfolgen die Adaption von Brigitte Reimanns Roman Franziska Linkerhand (1978) und Faust I und II (1988); ebenso die festspielartigen Entdeckungen, die an Bessons Spektakel in der Volksbühne anknüpften. Nach der Wende setzte er dies in Cottbus mit den Zonenrandermutigungen fort, die sich im Wortsinn künstlerisch an das Publikum der von Arbeitslosigkeit und Identitätsverlust heimgesuchten Stadt wandten; mit theatralischen Neubefragungen auf dichtem Raum, von Heiner Müller bis zur Antike, Problembewusstsein mit Haltung verbindend: Wo ich bin, ist keine Provinz – so der Titel seiner Biografie, 2003, mit herausgegeben von der Akademie der Künste.
„Jetzt seh ich den Freund, wie die weißgekleideten BAUERN in seiner Inszenierung nach der Wende, sie haben die Zukunft gepachtet, flügellose Engel der Heiterkeit, in ein weißes Tuch gehüllt, in einer verlorenen Zukunft geborgen.“ Volker Braun, Mitglied der Sektion Literatur der Akademie der Künste.
Die Akademie der Künste trauert um ihr Mitglied.
Jeanine Meerapfel
Präsidentin der Akademie der Künste