9.6.2017, 09 Uhr
Statement der Sektion Bildende Kunst zur künstlerischen Arbeit von Wolfram P. Kastner
Am 10. Mai 2017 organisierte der bildende Künstler Wolfram P. Kastner auf dem Münchner Königsplatz die Aktion „München liest – aus verbrannten Büchern – für Frieden und Gerechtigkeit – gegen Militarismus und Krieg“ mit Texten von Vicky Baum, Ulrich Becher, Bertolt Brecht, Maxim Gorki, Oskar Maria Graf, Ferdinand Hardekopf, Heinrich Heine, Erich Kästner, Mascha Kaleko, Alfred Kerr, Heinrich Mann, Erich Mühsam, Roda-Roda, Anna Seghers, Kurt Tucholsky, Émile Zola, Stefan Zweig u. a. All diese Autoren wurden während der NS-Zeit verfolgt, verjagt, in den Tod getrieben oder ermordet, ihre Bücher wurden öffentlich verbrannt.
Die Lesungen, mit denen Wolfram P. Kastner an die Bücherverbrennungen in der NS-Zeit erinnert, finden seit 1995 statt. In diesem Jahr war in München neben verschiedenen Theatern und Hochschulen auch der Börsenverein des Deutschen Buchhandels Mitveranstalter. Kastners Interventionen und Aktionen im öffentlichen Raum reflektieren NS-Geschichte, er setzt sich in seinem Werk mit Gewalt, Militarisierung und Ausgrenzung auf häufig bissige und humorvolle Art auseinander. 1995 gründete er das Institut für Kunst und Forschung, mit dem er „Wahrnehmungsgewohnheiten, Sehstörungen und Methoden ästhetischer Intervention“ untersuchen und realisieren will.
Aktuell läuft in München ein Gerichtsverfahren gegen Kastner, in dem es um künstlerische Interventionen am Gedenkstein des Nazi-Generals Alfred Jodl, der in Nürnberg als Hauptkriegsverbrecher verurteilt wurde, auf der Fraueninsel im Chiemsee geht. Kastner hat im Zuge der Aktionen etwa Buchstaben der Grabinschrift des Ehrenmals entfernt oder mit einem Schild mit der Aufschrift „Keine Ehre für einen Kriegsverbrecher“ protestiert.
Die Sektion Bildende Kunst unterstützt die künstlerische Arbeit von Wolfram P. Kastner. Die Erinnerung an die Kriegsverbrechen, die im Namen Deutschlands im Zweiten Weltkrieg begangen wurden, wachzuhalten, sehen die Mitglieder der Sektion als einen zentralen Teil des Auftrags der Akademie der Künste an.