Werner-Düttmann-Stipendium 2023
Vita
Sophie Seita ist Künstlerin und Wissenschaftlerin, deren Arbeit in den schlammig-verworrenen Gewässern der Sprache schwimmt. Sie untersucht Materialität, Gestik, und das spekulative Potential von Archiven. Sie performt international und stellt ihre medienübergreifenden Arbeiten vielseitig aus, veröffentlicht artist books, macht Textilarbeiten und graphische Notationen, und leitet experimentale Workshops zum Thema Stimme, Berührung, Übersetzung und queerer Performance. Sie lehrt an der Kunst-Fakultät bei Goldsmiths. Kürzliche und aktuelle Projekte: eine Solo Ausstellung bei Mimosa House (London), workshops und Events bei Nottingham Contemporary, Cafe Oto (London), Royal College of Art, La MaMa Galleria (NYC), UP Projects, und workshops bei Grand Union (Birmingham), Creative Darlington, Curious Arts (Newcastle), und Ruta del Castor (Mexico City). Sie wurde unter anderem vom Arts Council England, dem Canada Council, dem British Council, der Studienstiftung des deutschen Volkes, und dem DAAD ausgezeichnet. Ihr neuestes Buch heißt „Lessons of Decal“ (87Press, 2023).
Residency
Wie gehen wir mit (in)direkter Kommunikation und emotionalem Ausdruck, mit Klarheit und Intransparenz um; welche Form hat ein Gefühl, das sowohl gestisch und verkörpert als auch abstrakt und konzeptionell ist? Im Rahmen dieses Projekts soll ein neues Werk entstehen, bei dem es um grafische Partituren, Textilien und queere Performance geht. Die Partituren entstehen durch eine Reihe von Graphit- und Kohlezeichnungen und werden anschließend im Siebdruckverfahren auf fußbodenlange Stoffvorhänge gedruckt. Ich werde später mit Musiker*innen zusammenarbeiten, um sie als Klangstücke aufzunehmen. Diese „sprechenden Textilien“, wie ich sie vorläufig nenne, werden von einem umfassenden Dialog mit anderen queeren Künstlern*innen und lokalen Gemeinschaften in Großbritannien und Deutschland abweichen. Aufgrund ihres experimentellen Charakters, inspiriert vom asemischen Schreiben und der grafischen Musiknotation der Jahrhundertmitte, bleiben meine eigenen Partituren losgelöst und offen für Interpretationen. Schließlich wird es eine Ausstellung aller „sprechenden Textilien“ in einer Stoff- und Klanginstallation geben. Am Ende des Stipendiums möchte ich diejenigen, die gemeinsam mit mir daran gearbeitet haben, und die Öffentlichkeit zu einer kollektiven Aufführung der Textilpartituren durch Klang, BSL/GSL und Bewegung einladen. Was alle einzelnen Elemente dieses Projekts miteinander verbindet, ist das Interesse am Potenzial der Sprache, an ihrer Entstehung und Verformung, an ihrem Anspruch oder dem Widerstand gegenüber der Erwartung, sinnvoll sein zu müssen, an ihren Freuden und ihrer Aufforderung zum Handeln. Dieses Projekt gilt der Neugier, dem Nicht-Wissen und der Überraschung, es lädt zu besonderer Aufmerksamkeit, queerer Vertraulichkeit, Sorgfalt und Offenheit ein und praktiziert dies auch.