Friedrich Luft die "Stimme der Kritik"
Vitrinenpräsentation zu Friedrich Luft (1911-1990) am Pariser Platz 4 vom 1. November 2011 bis 8. Januar 2012
Luft-Brücken
Der Kritiker Friedrich Luft wurde 1911 in Berlin geboren - am 24. August diesen Jahres wäre er 100 Jahre alt geworden.
Mit Typoskripten, Zeitungsausschnitten, Briefen und Prospekten werden Friedrich Lufts Reflexionen auf die Auswirkungen der „großen“ Politik, die Umbrüche in der Gesellschaft, auf die Kultur und auf das Leben der „kleinen Leute“, sprich der Berliner, gezeigt. Veranschaulicht wird die Präsentation u.a. durch Fotos und Zeichnungen. An einer Multimediastation lassen zwei Tondokumente der Stimme der Kritik Friedrich Luft persönlich zu Wort kommen: Das erste Dokument ist eine Wiederaufnahme der Erstsendung vom 9.2.1946, in der Friedrich Luft sich und sein Programm vorstellt. Die zweite Sendung vom Dezember 1989 kommentiert den Fall der Berliner Mauer. Desweiteren wird ein TV-Gespräch gezeigt, das Michael Strauven 1989 mit Friedrich Luft über die Theater-Ikone Elisabeth Bergner geführt hat.
Seit 1946 war Friedrich Luft, anfangs jeden Sonnabend, später jeden Sonntag, mit seiner mittäglichen Sendung Stimme der Kritik im RIAS, dem Rundfunk im amerikanischen Sektor, in den Wohnungen vieler Menschen zu Gast – und das in beiden Teilen Deutschlands. Er berichtete nicht nur über Neues aus Theater, Film, Buchwelt und feuilletonistisch über Alltagsschwierigkeiten, sondern äußerte sich oft auch dezidiert politisch.
Das Archiv der Akademie der Künste Berlin legt in seiner Vitrinenpräsentation den Schwerpunkt auf diesen Teil des Schaffens von Friedrich Luft. Im Mittelpunkt der Ausstellung steht die deutsche Teilung.
In seiner sonntäglichen RIAS-Sendung vom 13. August 1961, kurz vor seinem 50. Geburtstag, war Friedrich Luft so entsetzt über den begonnenen Mauerbau, dass die Hälfte seines sechsseitigen Sendemanuskripts von diesem Thema und den befürchteten Auswirkungen für Kunst und Kultur beherrscht wurde. Die Theaterbesucher aus dem Osten blieben aus, aber der Kritiker baute mit seiner Stimme eine Brücke von West nach Ost - eine politisch bedeutsame „Luft-Brücke“, und er hörte auch in den folgenden 28 Jahren nicht auf, in seinen Berichten aus dem Kulturleben auch die Menschen jenseits der Mauer anzusprechen. Von 1961 ausgehend wird zurückgeschaut auf Friedrich Lufts politisches Wollen und Wirken in den Jahrzehnten seiner Lebensspanne vor dem Mauerbau (mit Schwerpunkt auf der Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg) und der Zeit danach bis 1990.
Die Überwindung der Teilung Deutschlands hat Friedrich Luft glücklicherweise noch erlebt und stürmisch begrüßt – wiederum mit langen Passagen in den Stimme der Kritik-Sendungen. Am 28. Oktober 1990 verabschiedete Friedrich Luft seine Zuhörer wie immer mit seinem „gleiche Zeiten, gleiche Stelle, gleiche Welle - herzlich auf Wiederhören“. Es kam nicht mehr dazu – er starb am Heiligen Abend desselben Jahres.
Ein Jahr später wurde in der sich noch im Vereinigungsprozess befindenden Akademie der Künste Berlin das Friedrich-Luft-Archiv eingerichtet. Der künstlerische Nachlass Friedrich Lufts kam teilweise von seiner Familie, teilweise aus dem RIAS. Er besteht aus einer Zeitungsdokumentation, Sendemanuskripten, Fotos, ausgesuchten Korrespondenzen und seiner Bibliothek. Das Archiv umfasst ca. 14 laufende Regalmeter (oder: 65 Archivkästen und 52 Ordner), dazu 408 Tonbänder mit Sendemitschnitten.
Die kleine Werkschau wird in Berlin am Pariser Platz 4 vom 1. November 2011 an bis zum 8. Januar 2012 zu sehen sein – im Foyer auf der (Luft)-Brücke.
Elgin Helmstaedt
> Podcast: Kritische Jahre - Friedrich Luft erzählt aus seinem Leben, DLF, Sonntag, 28.08.2011, 08:05:15 | podcast/dradio.de
> DLF, Kalenderblatt
> DRK, F.L. Sendung
(Stand 19.10.2011)
Scroll