Leben
Anna Seghers wurde am 19. November 1900 in Mainz geboren. Nach ihrem Studium der Philologie, Geschichte, Sinologie und Kunstgeschichte in Köln und Heidelberg kam sie 1925 als frisch verheiratete, promovierte Frau mit dem bürgerlichen Namen Netty Radvanyi, geb. Reiling, nach Berlin. Dort wurden ihre beiden Kinder Peter und Ruth geboren, und sie erlebte ihren Durchbruch als Schriftstellerin mit den Erzählungen Grubetsch (1927) und Aufstand der Fischer von St. Barbara (1928), für die sie 1928 mit dem Kleist-Preis ausgezeichnet wurde. 1933 musste Seghers mit ihrer Familie vor der Verfolgung durch die Nationalsozialisten fliehen. Auf dem Opernplatz waren im Mai 1933 auch ihre Bücher verbrannt worden. Das Exil in Paris, die gefährlich-abenteuerliche Flucht in den unbesetzten Süden von Frankreich im Frühjahr 1941 und schließlich nach Mexiko, wo sie sechs Jahre als Emigrantin lebte, bestimmten die entscheidende Phase ihres schriftstellerischen Schaffens. In dieser Zeit entstanden die Romane Das siebte Kreuz (1942), Transit (1944) und die autobiografische Erzählung Der Ausflug der toten Mädchen (1946).
Anna Seghers: Deutsche, Jüdin, Kommunistin, Schriftstellerin, Frau, Mutter. Jedem dieser Worte denke man nach. So viele einander widersprechende, scheinbar einander ausschließende Identitäten, so viele tiefe, schmerzliche Bindungen, so viele Angriffsflächen, so viele Herausforderungen und Bewährungszwänge, so viele Möglichkeiten, verletzt zu werden, ausgesetzt zu sein, bedroht bis zur Todesgefahr.
Mit der Rückkehr nach Deutschland im Frühjahr 1947 engagierte sich Anna Seghers im Kulturbund zur demokratischen Erneuerung Deutschlands, im Deutschen Schriftstellerverband, dessen Präsidentin sie nach seiner Ausgliederung aus dem Kulturbund von 1952 bis 1978 war, sowie in der 1950 neu gegründeten Deutschen Akademie der Künste. Eines der zentralen Felder ihres internationalen Engagements war die Weltfriedensbewegung. So gehörte Anna Seghers 1950 zu den Initiatoren des Stockholmer Appells zur Ächtung der Atombombe. Der neue gesellschaftliche Entwurf, den die DDR versprach, schien ihre Jugendideale zu erfüllen und ließ sie auf mehr Gerechtigkeit hoffen. Sie war immer um Vielfalt in ästhetisch-künstlerischen Auffassungen bemüht; so setzte sie sich dafür ein, dass Mitte der 1960er Jahre das Werk Franz Kafkas in der DDR erscheinen konnte. Anlässlich ihres 75. Geburtstages am 19. November 1975 wurde sie zur Ehrenbürgerin der Stadt Berlin ernannt, 1981 erhielt sie die Ehrenbürgerschaft ihrer Heimatstadt Mainz. Am 1. Juni 1983 starb die Schriftstellerin in Berlin. Zu den bedeutendsten Ehrungen ihres Lebens zählt der Georg-Büchner-Preis, der ihr unmittelbar nach ihrer Rückkehr aus dem Exil 1947 verliehen wurde.
Anna Seghers hinterließ ihren künstlerischen Nachlass der Akademie der Künste, wo er im Anna-Seghers-Archiv betreut wird. Ihre Grabstätte befindet sich auf dem Dorotheenstädtischen Friedhof in Berlin-Mitte.