HANS JÜRGEN SYBERBERG
Jemand, der Wagner
erfassen kann,
muss wissen, was
Leiden bedeutet.
Hans Jürgen Syberberg im Gespräch mit André Müller, 1981
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Was Syberbergs künstlerischen Ehrgeiz angeht, so unterwirft er sich […] den Maßstäben Wagners, auch wenn es in der bundesrepublikanischen Konsumgesellschaft nicht so einfach ist, die legendäre Rolle eines deutschen Genies würdig auszufüllen. In seinen eigenen Augen ist Hitler – ein Film aus Deutschland nicht einfach nur ein Film: Ebenso wollte auch Wagner den Ring oder den Parsifal nicht als Opern verstanden oder im normalen Repertoire von Opernbühnen untergebracht wissen. […] Und wagnerisch sind auch Syberbergs Ideale von Gründlichkeit und Tiefe, sein Sendungsbewusstsein, seine Auffassung von der Kunst als radikaler Tat, sein Gespür für den Skandal, seine polemischen Energien (er ist unfähig, irgend etwas zu Papier zu bringen,was kein Manifest wäre) und sein Sinn für das Grandiose. […] Syberberg ist ein großer Wagnerianer, der größte seit Thomas Mann, doch sein Verhältnis zu Wagner und dem Erbe der deutschen Romantik ist nicht nur von Pietät bestimmt. Es spielt darin mehr als nur eine Spur von Bosheit, ein Anhauch von kulturellem Vandalentum mit. Wagner-Elemente werden in Hitler – ein Film aus Deutschland neu verarbeitet und parodiert, um Größe und Versagen des Wagnertums zu vergegenwärtigen […]. Der ganze Film lässt sich als eine Entweihung Wagners betrachten – eine im vollen Bewusstsein ihrer Zweideutigkeit unternommene Geste, denn Syberberg will, was diese tiefste Quelle seiner künstlerischen Inspiration angeht, immer drinnen und draußen zugleich sein.
Susan Sontag über Syberbergs Hitler, in The New York Review of Books, 1980 (Übersetzung von Kurt Neff )
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Die Dinge, die zu Richard Wagner entstanden – von Ludwig bis Parsifal und Winifred Wagner plus dem Hitlerfilm aus Deutschland mittendrin – führen alle zum Abschiedsmonolog der Frauen Richard Wagners in der Nacht mit dem Ende der Götterdämmerung.
Hans Jürgen Syberberg, 2012
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Wer im Internet www.syberberg.de eingibt, landet in Syberbergs Welt. Zu ihr gehören auch die Links zu den Filmen, die Syberberg einst weltberühmt gemacht haben. Syberbergs großer Plan: "Das Unheile soll wieder Heil werden, wenigstens im Kleinen." Die Wiederbelebung Nossendorfs, des Geburtsorts in Vorpommern, ist nun seine Aufgabe, das Nossendorf-Projekt ist sein "Film nach dem Film", das virtuelle Tagebuch, das täglich von vielen tausend Menschen besucht wird, ist Teil des Gesamtkunstwerks. Syberberg sagt in einem Interview: "Im Übrigen ist mein Land jetzt in den Lüften."
Maria Magdalena Schwaegermann, 2012
(Klingsor) in Hans Jürgen Syberbergs Parsifal-Film, 1982
© Syberberg-Film
HANS JÜRGEN SYBERBERG
1935 in Nossendorf/Vorpommern geboren. Bertolt Brecht erlaubt dem Siebzehnjährigen, seinen Urfaust mit der 8mm Kamera aufzunehmen. 1953 allein in die BRD. Erste Anschaffung: ein Radio für 400 DM, um klassische Musik zu hören. Studium der Kunstgeschichte und Literaturwissenschaft in München, seit 1960 Reportagen und Porträts fürs Fernsehen (Romy Schneider, Fritz Kortner), Teilnahme an der documenta 7 (1982) und documenta X (1997), seit 2000 Nossendorf-Projekt mit virtuellem Spiegel im Internet und Installationen u. a. in Neuhardenberg, Paris, Schwerin, Wien.
Beschäftigung mit Wagner, Filme: Ludwig, ein Requiem für einen jungfräulichen König, 1971; Karl May, 1974; Winifred Wagner und die Geschichte des Hauses Wahnfried 1914–1975, 1975; Hitler – Ein Film aus Deutschland, 1977; Parsifal, 1982, lokalisiert im Kopf Wagners. Theater: Die Nacht (mit Edith Clever), 1984 Theâtre des Amandiers, Paris, 1985 auch als Film.