5.7.2022
Akademie der Künste trauert um Peter Brook (1925–2022)
Der Regisseur und Intendant Peter Brook, geboren am 21. Mai 1925 in London, ist am 2. Juli 2022 in seiner Wahlheimat Paris gestorben. Brook, seit 1993 Mitglied der Akademie der Künste, war einer der bedeutendsten Theatermacher des 20. Jahrhunderts. Nach Gründung eines Studententheaters 1943 arbeitete er zunächst als freier Regisseur u. a. für die Royal Shakespeare Company und wurde zusammen mit Peter Hall 1962 deren Direktor. Shakespeare, dessen Zeitgenossenschaft und Universalität er künstlerisch auf einzigartige Weise behauptete, blieb ein Zentrum seines Theaterlebens und, zusammen mit Artaud, Beckett, Grotowski, Genet, Peter Weiss auch seiner früh begonnenen Forschungen zur Wahrhaftigkeit schauspielerischer Arbeit. Sein 1968 erschienenes Studienbuch The Empty Space (Der leere Raum) leitete einen Umbruch modernen Theaterdenkens ein. 1971 gründete Brook in Paris das Centre International de Recherche Théâtrale und 1974 das Théâtre Bouffes du Nord, das er bis 2011 leitete. Von dort aus beeinflusste seine künstlerische Auseinandersetzung mit nicht-westlichen Kulturen als Teil eines Gegenwartstheaters der Welt das europäische Theater ganz wesentlich. Er brachte frankophone Autoren wie Birago Diop und Amadou Hampâté Bâ auf die Bühne, inszenierte in Avignon Die Konferenz der Vögel des persischen Dichters Farid al-Din Attar und das Sanskrit-Epos Mahabharata, das weltweit tourte, ebenso wie seine Inszenierung von Woza Albert! der Südafrikaner Mtwa, Ngema und Simon. Er holte Schauspieler afrikanischer und asiatischer Herkunft an sein Theater, deren Spielweisen seine Shakespeare- und andere Inszenierungen westlicher Dramatiker prägten. Shakespeares letztes Stück, The Tempest – Der Sturm, wurde 2021 am Théâtre Bouffes du Nord Peter Brooks letzte Regiearbeit.
Akademie-Mitglied Klaus Völker würdigt Peter Brook: „Seine Kunst vertraute auf die Sprache des Theaters, die auch jenseits der gesagten Worte verstehbar ist. Mir unvergesslich bleiben sein Sommernachtstraum von 1970, auch King Lear mit Paul Scofield (1962) und Peter Weiss‘ Marat/Sade, 1965 als Gastspiel im Schiller Theater. Seine mir wichtigsten Aufführungen späterer Jahre waren Carmen, die Neuentdeckung des Opernklassikers mit der Neugier von Schauspielern und einer beseligenden Musikalität, sowie L'Homme qui, fußend auf dem Buch des Neurologen Oliver Sacks, eine comédie humaine und sehr spannende theatralische Recherche, für die mit dem Darsteller Yoshi Oida eine überzeugende Bühnenform und packende Theatersprache gefunden wurde.“
Die Akademie der Künste trauert um ihr Mitglied.
Jeanine Meerapfel
Präsidentin der Akademie der Künste