22.1.2013
Heinrich-Mann-Preis 2013 an Robert Menasse
Der Heinrich-Mann-Preis der Akademie der Künste geht in diesem Jahr an den Romancier und Essayisten Robert Menasse. Diese Wahl trafen die Juroren Thomas Assheuer, Akademie-Mitglied Norbert Miller und Uwe Kolbe, der Preisträger des letzten Jahres. Der mit 8.000 € dotierte Preis für Essayistik wird am 27. März, dem Geburtstag Heinrich Manns, im Akademie-Gebäude am Pariser Platz verliehen.
Aus der Begründung der Jury: „Robert Menasse ist zugleich Philosoph und Schriftsteller, doch zum Glück wissen wir nicht, in welcher Reihenfolge. Als Philosoph will er die Welt als Ganzes denken; als Schriftsteller weiß er nur zu gut, dass dies eine Illusion ist. Aus dieser Spannung lebt sein Werk. Menasse hat sein Denken an der deutschen Geistes- und Literaturgeschichte trainiert, an Kant, Hegel und Marx, besonders immer wieder an Hegel: Unter diesem Dreigestirn zeichnet er große Epochenbilder und beschreibt mit spekulativer Leidenschaft lange historische Linien. Sie führen aus der blutigen Vergangenheit, die wir vergessen haben, in eine Zukunft, die noch niemand kennt. So beschreibt Menasses Roman ‚Die Vertreibung aus der Hölle’ die europäische Geschichte von der Inquisition bis zur Gegenwart, und wie in all seinen Romanen ist der Anspruch ein historischer. Auch der politische Intellektuelle und Essayist Robert Menasse ist jemand, der unbeirrt und mit freiem Geist über den Gang und den Untergang der Epochen spekuliert. Er ist ein Aufklärer von altem Schlag, er nimmt keinerlei Rücksichten, erst recht nicht auf die Aufgeklärten.“
Die Jury ehrt vor allem auch den Europäer Robert Menasse, der in seinem vor kurzem erschienenen Großessay „Der Europäische Landbote“ überzeugend den Vorwurf widerlegt, Intellektuelle hätten zu Europa nichts zu sagen: „Menasse wirbt für ein postnationales Europa, weil er glaubt, die Geschichte enthalte immer noch zu viel nationales Gift… Als skeptischer, vom Leben belehrter Schriftsteller weiß Menasse, dass keine historische Vernunft Europa hilfreich zur Seite steht und der Union eine aussichtsreiche Zukunft garantiert. Doch als Philosoph weigert er sich, dem Pessimismus und der Unvernunft das Feld zu überlassen. Es ist ein Vergnügen, Robert Menasse bei diesem inneren Widerstreit zuzuschauen.“
Robert Menasse wurde 1954 in Wien geboren, studierte Germanistik, Philosophie und Politikwissenschaft in Wien, Salzburg und Messina. Er promovierte 1980 mit einer Arbeit über den „Typus des Außenseiters im Literaturbetrieb“. Anschließend lehrte er sechs Jahre an der Universität São Paulo. Seit 1988 lebt er zumeist in Wien. Veröffentlichungen u.a.: „Trilogie der Entgeisterung“ (1995), „Die Vertreibung aus der Hölle“ (2001), „Das war Österreich. Gesammelte Essays zum Land ohne Eigenschaften“ (2005), „Die Zerstörung der Welt als Wille und Vorstellung - Frankfurter Poetikvorlesungen“ (2006), „Permanente Revolution der Begriffe. Vorträge zur Kritik der Abklärung“ (2009), „Ich kann jeder sagen. Erzählungen vom Ende der Nachkriegsordnung“ (2009, alle Suhrkamp Verlag), „Der Europäische Landbote. Die Wut der Bürger und der Friede Europas“ (2012, Paul Zsolnay Verlag)
Die Preisträger der letzten Jahre waren Uwe Kolbe (2012), Marie-Luise Scherer (2011) und Michael Maar (2010). Die diesjährige Preisverleihung findet am Mittwoch, den 27. März, um 20 Uhr in der Akademie der Künste, Pariser Platz 4, statt.