24.3.2009
Die Akademie der Künste richtet das Franz-Kutschera-Archiv ein
Anlässlich des 100. Geburtstages des Schauspielers und Regisseurs Franz Kutschera am 25. März 2009 richtet die Akademie der Künste, Berlin, das Franz-Kutschera-Archiv ein. Der geborene Wiener hat in Klassikern und in Komödien gleichermaßen die Theaterszenen im Nachkriegsberlin und ab den 60er Jahren in Frankfurt am Main und München wesentlich geprägt.
Franz Kutscheras Nachlass umfasst ca. vier laufende Regalmeter Material. Dazu gehören Fotos, Zeitungsausschnitte, Schallplatten, Tonbänder und Briefe von u. a. Fritz Wisten, Boleslaw Barlog, Harry Buckwitz, Heinrich Koch, Kurt Meisel und Ingmar Bergmann. Herausragender Teil des Bestandes sind zehn z. T. überdimensionale Alben, in denen Kutscheras künstlerische Laufbahn mit Hilfe von Fotos, Besetzungszetteln, eingeklebten Programmheften nahezu vollständig dokumentiert ist. Das Material stammt von der in Frankfurt am Main lebenden Tochter Franziska Kutschera.
Franz Kutschera, 1909 in Wien geboren, hatte sein erstes Engagement 1927 in Breslau bei Paul Barnay, danach in Darmstadt. Nachdem er seinem jüdischen Intendanten Gustav Hartung im Februar 1933 zur Flucht in die Schweiz verholfen hatte, erhielt er Auftrittsverbot in Deutschland. 1938 rief Paul Smolny Kutschera nach Leipzig. 1947 kam er nach Berlin und ging als Schauspieler und Regisseur zu Fritz Wisten, unter dessen Regie er zunächst im Theater am Schiffbauerdamm (bis 1954), dann im wieder aufgebauten Haus der Volksbühne am Luxemburgplatz in Berlin (Ost) zahlreiche Rollen spielte, vom Hobelmann in Nestroys „Lumpacivagabundus“ (März 1949) bis zur Premiere von „Affäre Dreyfus“ (Rehfisch / Herzog, November 1958). Franz Kutschera war auch auf der Leinwand und im Fernsehen präsent, feierte Erfolge mit dem Kabarett „Schmunzelbrigade“, lieh zahlreichen Figuren in Hörspielen seine markante Stimme und ließ mit ihr die Abenteuer des „Braven Soldaten Schweyk“ lebendig werden. Die mehrteilige Lesung erfuhr bis zum Ende der DDR immer wieder Schallplatten-Neuauflagen.
1962 wurde Kutschera von Harry Buckwitz nach Frankfurt am Main engagiert. Hier entstand mit dem Mauler in der „Heiligen Johanna der Schlachthöfe“, Peachum in der „Dreigroschenoper“ und dem Barbier in „Der gute Mensch von Sezuan“ eine ganze Brecht-Serie unter Regie von Harry Buckwitz, der Brecht nach dem Mauerbau in der Bundesrepublik durchzusetzen versuchte. 1969 verkörperte Kutschera den Odysseus in Heiner Müllers „Philoktet“.
Franz Kutscheras letzte Station war München. 1972 ging er ans dortige Residenztheater, dem er bis zum Ende der Intendanz Kurt Meisels 1983 verbunden blieb. 1991 ist Franz Kutschera 82jährig in München gestorben.