23.5.2008
Ausstellung „Dokumente zur Zeit“ ab 27. Mai mit Zeugnissen aus dem Archiv
Kein Atem im Stein. DDR 1968 – Chiffren einer Niederlage
Auskünfte aus dem Archiv der Akademie der Künste
Max-Liebermann-Saal, Pariser Platz, 27. Mai – 22. Juni 2008
Im Rahmen des aktuellen Programmschwerpunktes „Kunst und Revolte“ widmet sich die Ausstellung einem Thema, das bei der Auseinandersetzung mit dem Phänomen 1968 in der Regel ausgeblendet wird, der Situation in der damaligen DDR.
Die Materialien aus dem Archiv der Akademie der Künste geben Einblicke in die Umbruchsituation 1968 in der DDR. Das Jahr 1968 verbindet sich dort in erster Linie mit dem „Prager Frühling“ und seiner Niederschlagung am 21. August. Viele Künstler und Intellektuelle in der DDR verfolgten die Entwicklung in der ČSSR mit Interesse und Sympathie, wenn auch mit relativ geringer direkter Beteiligung. Die SED-Führung hingegen ging frühzeitig auf Distanz zum „demokratischen Sozialismus“, dessen Anfänge in der „Kafka-Konferenz“ in Liblice bei Prag im Mai 1963 gesehen wurden. Mit dem 11. Plenum des Zentralkomitees der SED im Dezember 1965 stellte sie sich massiv gegen künstlerische Öffnungsversuche.
In zehn Vitrinen erzählt die Ausstellung zehn Geschichten, die symptomatisch für die Künstler und Intellektuellen in der DDR stehen. Klaus Schlesinger kaufte Helme und Regenmäntel zum Schutz der Westberliner APO-Demonstranten gegen die Gummiknüppel und Wasserwerfer der Polizei, Franz Fühmann reiste extra nach Prag, um sich von der Stimmung im Land einen Eindruck zu verschaffen, und markierte das Datum des 21. August in seinem Kalender mit einem schwarzen Kreuz. Thomas Brasch und Horst Bonnet stellten Flugblätter mit Sympathie-Bekundungen für Dubček her, Erich Arendt reagierte mit einem Gedicht: „Łeba“, Wieland Förster mit der Plastik „Erschossener. 21. August 1968 (Einmarsch in Prag)“. Christa Wolf geriet mit ihrem Buch „Nachdenken über Christa T.“ mitten hinein in die ideologischen Auseinandersetzungen, die bei der „Kafka-Konferenz“ ihren Ausgang genommen hatten.
Etliche Künstler bekundeten aber auch die Bereitschaft, der Machtdemonstration ihre Zustimmung zu erteilen, für die meisten jedoch war der August 1968 der Anfang vom Ende der Utopie.
Unmittelbar nach dem Einmarsch in Prag folgten Repressionen gegen offene Sympathisanten des „Prager Frühlings“ und verstärkter ideologischer Druck in den Künstlerverbänden. Dokumente aus dem Schriftstellerverband und der Akademie der Künste bezeugen die Eingriffe der Partei, die versuchte, die Künstler wieder „auf Linie“ zu bringen.
„Kein Atem im Stein. DDR 1968 – Chiffren einer Niederlage“ ist der zweite Teil der Ausstellung „Dokumente zur Zeit“. Im dritten Teil sind ab dem 27. Juni Dokumente aus dem Archiv von Klaus Staeck zum Kunstfestival „intermedia '69“ (Heidelberg) zu sehen.
Öffnungszeiten Di–So 11–20 Uhr
Eintritt € 5 / ermäßigt € 3 (inkl. Ausstellungsticket „1968. Die unbequeme Zeit. Fotografien von Michael Ruetz“)