5.6.2004
Zum Kulturauftrag der öffentlich-rechtlichen Medien
Die Akademie der Künste hat im Rahmen ihrer Frühjahrs-Mitgliederversammlung, die am Freitag mit einer Debatte zum "Kulturauftrag der öffentlich-rechtlichen Medien" begann, am zweiten Tag ihrer Beratungen (5.6.2004) die folgende Entschließung verabschiedet:
Die Mitglieder der Akademie der Künste werden sich künftig noch intensiver als bisher mit den Entwicklungen beim öffentlich-rechtlichen Rundfunk auseinandersetzen. In Gesprächen und Veranstaltungen wollen sie die Erfüllung seines Bildungs- und Kulturauftrages kritisch begleiten und unterstützen.
Laut Staatsvertrag hat das Programm des öffentlich-rechtlichen Rundfunks der Information, Bildung, Beratung und Unterhaltung zu dienen. Er hat Beiträge insbesondere zur Kultur anzubieten. (§ 1, Auftrag)
Die bisher erbrachten Leistungen in der Kulturförderung und -produktion der Sendeanstalten in der Bundesrepublik Deutschland sind unbestreitbar: sie reichen von der Übertragung von Konzerten, Lesungen, Theaterinszenierungen, Podiumsgesprächen, Werkstätten über deren kritische Reflexion durch Journalisten und Experten bis hin zu einer herausragenden Rolle als Musikproduzent, der mehr als 20 Klangkörper unterhält. Die Kulturmagazine der ARD-Fernsehanstalten, "Aspekte" im ZDF, "Kulturzeit" in 3-sat sowie Theaterübertragungen in diesem Sender, das Programm des Kulturkanals ARTE; kulturpolitische Debatten in PHOENIX, "Fazit" und "Kultur heute" im Deutschlandfunk/DeutschlandRadio aber vor allem die künstlerischen Produktionen (Fernsehfilme, Dokumentarfilme, Hörspiele) sind wichtige Beiträge zur kulturellen Grundversorgung. Inzwischen jedoch stehen Programmreformen und Budgetkürzungen auf der Tagesordnung, die gravierende Folgen für das kulturelle Leben unseres Landes haben. Im Schutze einer viel zu wenig als Politikum diskutierten Umverteilung von finanziellen Mitteln (Gebühren) gibt sich die offensichtliche kulturelle Ausdünnung der Hauptprogramme nicht nur als Sachzwang aus, sondern als verbesserte Dienstleistung. Einer so genannten Durchhörbarkeit und den vermeintlichen Interessen eines jüngeren Publikums verpflichtet, werden anspruchsvolle Wortsendungen und zeitgenös-sische Musik verdrängt, Feature-Termine gekürzt, Literatursendungen gestrichen oder auf unattraktive Sendeplätze verschoben. Der öffentlich-rechtliche Rundfunk, noch immer eine der wichtigen Kulturinstitutionen, läuft Gefahr, seinen intellektuellen Anspruch preiszugeben: auf der Jagd nach Publikumsquoten im Wettbewerb mit den am Kommerz orientierten Sendern riskiert er Eigenart und Qualität.
Dies kann nicht ohne Folge für die geistige Auseinandersetzung in unserer Republik bleiben.
Die Akademie der Künste kommt ihrer Verpflichtung gegenüber Gesellschaft, Politik, Kultur und Kunst nach, indem sie Verluste deutlich macht, ihnen entgegenwirkt und dabei ein Bündnis mit allen eingeht, die sich für eine verantwortliche Programmarbeit einsetzen.
Die Mitglieder der Akademie der Künste fordern die Verantwortlichen der öffentlich-rechtlichen Sender auf, ihrem gesetzlichen Bildungs- und Kulturauftrag weiter nachzukommen, sie appellieren an die Politik und die Aufsichtsgremien der Sender, keine die Substanz gefährdenden Einsparungen mehr zuzulassen.
Die Akademie der Künste unterstützt jene Programmverantwortlichen und Journalisten, die nicht bereit sind, die öffentlichen Sender als geistige, kulturelle und demokratische Anstalten preiszugeben.