15.1.2019, 10 Uhr
Jetzt erhältlich: Journal der Künste 9
Wie ein Leitfaden ziehen sich die Herausforderungen durch das Journal der Künste 9, denen sich Kulturinstitutionen zunehmend stellen müssen. Kunst und Kultur sind keine Komfortzonen. Es geht um die Verteidigung von demokratischen Grundwerten wie den Respekt vor Vielfalt und Offenheit, um die Auseinandersetzung mit Begriffen wie Heimat und Nation, die von rassistischen und nationalistischen Initiativen öffentlich besetzt werden. Es geht um Europa, um die Unabhängigkeit kultureller Institutionen, aber auch um eine vitale Erinnerungskultur.
In ihrem Hörspiel Der Rechtsruck analysieren Georg Seeßlen und Markus Metz aus einer Zukunftsperspektive – wir schreiben das Jahr 2054 – unsere aktuelle Gegenwart, die Zeit von 2011 bis 2019, um zu verstehen, wie es zur Auflösung demokratischer und freiheitlicher Regierungsformen kommen konnte und wie sich die Katastrophe der rechtspopulistischen Machtübernahme sowie in Folge ein globaler Bürgerkrieg ihren Weg bahnen konnten.
Am 9. November 2018 fielen zwei Kulturereignisse am Pariser Platz auf ein gemeinsames Datum. Am Morgen wurde die Kampagne „Die Erklärung der Vielen" in einer Pressekonferenz von 300 Kulturinstitutionen in Deutschland gestartet, parallel zu weiteren Pressekonferenzen in Düsseldorf, Hamburg und Dresden. Kathrin Röggla, Vizepräsidentin der Akademie der Künste, beschreibt in ihrem Statement, warum die Akademie den Schulterschluss mit den Kulturinstitutionen in Berlin und Deutschland sucht, um gemeinsam die Werte einer offenen Gesellschaft zu vertreten.
In einer Abendveranstaltung erinnerte die Präsidentin Jeanine Meerapfel gemeinsam mit dem Bundespräsidenten Frank Walter-Steinmeier und dem Historiker Wolfgang Benz an das Pogrom von 1938, an die deutschlandweite Gewalt gegen Juden und an das Aussetzen ziviler Verantwortung und gesellschaftlichen Widerstands. Der Beitrag von Wolfgang Benz ist eine bedrückende Analyse kollektiven Versagens.
In seiner Carte blanche fokussiert der Grafiker und Verleger Klaus Staeck die schleichende Veränderung der Maßstäbe, sodass Rassismus, Antisemitismus und Demokratie-Verachtung öffentlich werden können. Sein Plädoyer für eine wehrhafte Demokratie flankiert er mit einer Auswahl von Plakaten, die auch nach Jahrzehnten ihre Aktualität nicht verloren haben.
Wie dramatisch die Situation sich verändert hat, wurde unter anderem in Köthen bei einem Workshop von KUNSTWELTEN deutlich. Benjamin Scheuer, der 2017 den Busoni-Kompositionspreis der Akademie erhalten hat, reflektiert die Möglichkeiten kultureller Aktionen in Ausnahmezuständen.
In diesen Kontext gehört auch das internationale Kooperationsprojekt zur Digitalisierung der Heinrich-Mann-Archive, das perspektivisch den Zugang zu einem Schlüsselwerk der gesellschaftspolitischen Verwerfungen in den 1920er bis 1940er Jahren ermöglicht. Marcel Lepper, Leiter des Literaturarchivs der Akademie der Künste, stellt die Idee einer virtuellen Rekonstruktion des durch das Exil weltweit verteilten Nachlasses vor.
Die Akademie wird auch 2019 das Thema des kolonialen Erbes nicht aufgeben. In einer Folgekonferenz in Windhuk (Namibia) werden wir an den Dialog mit Vertretern der Herero und Nama bei dem Symposium „(Post-)Koloniales Unrecht und juristische Interventionen" am 26. und 27. Januar 2018 anschließen. In Kooperation mit dem Goethe-Institut und dem European Center for Constitutional and Human Rights gehen wir den nächsten Schritt für einen gemeinsamen Dialog mit den Mitteln von Kunst und Kultur. Vor diesem Hintergrund beleuchtet der Menschenrechtsanwalt Wolfgang Kaleck den Kolonialismus als noch lange nicht abgeschlossenes Kapitel der deutschen Geschichte.
Schließlich die Jubiläen: 2019 werden 100 Jahre Bauhaus gefeiert. Der Architekt Wilfried Wang reflektiert in seinem Essay auf den Mythos Bauhaus und die Folge eines technokratischen Modernismus.
Und Durs Grünbein erinnert im Gespräch mit Matthias Weichelt anlässlich des 70. Geburtstags der Zeitschrift an die kulturpolitische und ästhetische Bedeutung von Sinn und Form.
Mit dieser Ausgabe wird parallel eine vollständige englische Version des Journals der Künste erscheinen. Wir verstehen uns als ein europäisches Projekt in der Tradition der Aufklärung.
Das Journal der Künste ist kostenlos erhältlich und liegt in den Akademie-Gebäuden aus. Sollten Sie Einzelexemplare, die englische Ausgabe oder ein Abonnement wünschen, wenden Sie sich bitte an info@adk.de.
Die digitale Version der neunten Ausgabe finden Sie hier.