Eugen Spiro
Künstler, Organisator, Exilant

Eröffnung des Eugen-Spiro-Archivs

Die Akademie der Künste erhielt einen schriftlichen Teilnachlass des Malers Eugen Spiro. Ermöglicht wurde dieser Archivzuwachs durch die Vermittlung des heute in London lebenden Sohns Peter Spiro. Anlässlich der Archivübernahme würdigte die Akademie am 1. Juni Leben und Werk des Künstlers mit einer Veranstaltung am Pariser Platz. Ebenfalls am 1. Juni wurde an Eugen Spiros ehemaliger Wohnung und einstigem Atelier (Reichsstraße 106) eine Gedenktafel enthüllt.

Aus der Rede von Michael Krejsa, Leiter des Archivs Bildende Kunst:
Guten Abend meine Damen und Herren, herzlich willkommen lieber Peter Spiro, a warm welcome dear Mrs. Spiro,

im September 2007 gelang es uns auf der Suche nach Ihnen und dem Archiv Ihres Vaters, Ihre Privatadresse ausfindig zu machen. Unser Ziel war es, unsere schriftlichen Archivbestände zum Thema „Bildende Kunst in Exil und Emigration zwischen 1933 und 1945“ zu vervollkommnen. Wir wussten, dass Ihr Vater seine letzten Lebensjahre in Amerika verbracht hatte und vermuteten Sie anfänglich in New York. Doch die Kollegen vom dortigen Museum of Modern Art brachten uns auf die Idee, auch England in unsere Recherchen einzubeziehen. Die Liste der „Spiroeinträge“ im Londoner Telefonbuch war relativ kurz und schon der erste Anruf war ein Treffer – die Überraschung perfekt, als am anderen Ende der Telefonleitung eine freundliche Stimme nach kurzer Schilderung meines Begehrens sofort beglückt ausrief: „Kommen Sie sofort nach London und warten nicht nochmals fünf Jahre, bis Sie mich finden“! Die Verbindung war hergestellt – das Archiv der Berliner Akademie willkommen und der Prozess begann, welcher am heutigen Tag mit der Tafelenthüllung am Haus Ihres Vaters in der Berliner Reichstraße 106, der Vorstellung Ihrer Erinnerungen an Ihren Vater und dessen schriftlichen Archivs hier am Pariser Platz seinen ersten Höhepunkt erreicht. Sie erfüllen sich damit auch ihren innigsten Wunsch, den Sie 1935 als 15-Jähriger – als die Familie Spiro Berlin verlassen musste – in einem fort im Taxi auf dem Weg zum Bahnhof weinend wiederholten „Wir kommen sicher wieder, wir kommen sicher wieder.“ Nachdem Sie heute wieder in Berlin sind, lassen Sie mich stellvertretend für die Akademie der Künste sagen: Wir freuen uns mit Ihnen über diese glückliche Rückkehr!

Das Eugen-Spiro-Archiv dokumentiert in seinem Kern die Geschichte des Freien Deutschen Künstlerbundes in Paris, der wichtigsten Emigrantenorganisation der Bildenden Künstler im französischen Exil der dreißiger Jahre des vergangenen Jahrhunderts. Die knapp einen halben laufenden Meter umfassenden Dokumente geben Einblick in die Arbeits- und Lebensverhältnisse der aus Deutschland und Österreich zwischen 1933 und 1939 in die französische Kulturmetropole geflohenen Künstler. Der Künstlerbund verstand sich – ähnlich wie der Freie Deutsche Kulturbund in Großbritannien – als überparteiliche Organisation von Gegnern der Nationalsozialisten, die in ihren schriftlichen Unterlagen von den Bemühungen der Künstler um eine weltweite, öffentlichkeitswirksame und repräsentative Vereinigung im Kampf gegen die nationalsozialistische Kulturpolitik berichten. Der Teilnachlass von Eugen Spiro ergänzt in hervorragender Weise die in der Akademie vorhandenen Archive von emigrierten Künstlern, von denen mit Blick auf Großbritannien hier nur die Archive der Bildhauer Benno Elkan, Theo Balden und Heinz Worner sowie des Fotomonteurs John Heartfield erwähnt sein sollen. Sie wurden im vergangenen Jahr hier am Pariser Platz in zwei Vitrinenpräsentationen vorgestellt. […]

Glückliche Wiederkehr: Peter Spiro in der Akademie der Künste

[…] Und doch ist es eine Wiederkehr an diesem Gesprächsabend mit Peter Spiro in der Akademie der Künste. Spiro, der dem Vater zuletzt mit dem anrührenden Erinnerungsband „Nur uns gibt es nicht wieder“ ein Denkmal gesetzt hat, hat einen Teil von dessen künstlerischem Nachlass nach Berlin gegeben. Schon zuvor waren hier Hauptwerke versammelt: Das Porträt der Schwester als Tänzerin, das „Selbstporträt mit Sohn“ im Jüdischen Museum, ein Porträt des Pianisten Artur Schnabel, mit dem Spiro eng befreundet war, gehört der Akademie der Künste.

[…] Nun steht der 93-Jährige hellwach und aufrecht in der Akademie am Pariser Platz und erzählt in lupenreinem Deutsch von seinem Vater und den Jahren in Berlin. Zuvor war in der Reichsstraße 106, wo die Spiros wohnten, eine Gedenktafel enthüllt worden. Es ist eine glückliche Heimkehr.
Christina Tilmann, Der Tagesspiegel, 4.6.2011

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(Stand 21.06.2011)


Eugen Spiro, Selbstporträt. Aus: „Freie Kunst und Literatur“ Nr. 6., Paris, 1938


H.G. Hannesen, M. Krejsa, Peter Spiro, Mrs. Spiro
AdK Berlin, 1.06.2011
Foto: AdK, Brümmer


H.G. Hannesen, W. Unterzaucher, Peter Spiro, M. Krejsa, Mrs. Spiro
AdK Berlin, 1.06.2011
Foto: AdK, Brümmer