AUSSTELLUNG

DER KONTRAKT DES FOTOGRAFEN

Eröffnung 12.11.2006
Ausstellung 12.11.-7.1.2007
Hanseatenweg

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Die Ausstellung "Der Kontrakt des Fotografen" gibt erstmals einen Überblick über einen besonderen Zweig der Personenfotografie in der Kunst der Gegenwart, der auf einer Verabredung zwischen dem Fotografen und den von ihm porträtierten Personen basiert. In der Ausstellung sind 17 Künstler aus der Zeit von 1975 bis heute vertreten. Der Idee des Vertrages liegt die Vorstellung zu Grunde, dass autonome Personen eine Verabredung treffen, die auf den Erfolg aller am Vertrag beteiligten Personen zielt. Übertragen auf die Fotografie bedeutet dies eine gemeinsame Arbeit am Bild, bei der der Fotograf in der Regel den Rahmen setzt, während die dargestellten Personen sich zum Teil mit hoher Risikobereitschaft und persönlichem Engagement an dem Prozess beteiligen und ihn wesentlich prägen.

Die in England lebende Künstlerin Shizuka Yokomizo hat Adressen von mehreren, ihr unbekannten Personen recherchiert und ihnen eine Art Vertragsbrief geschickt. In diesem hat sie die Adressaten gebeten, sich zu einer bestimmten Uhrzeit an das Fenster ihrer Wohnung zu stellen und sich dort anonym fotografieren zu lassen. Wollten sie nicht an dem Projekt teilnehmen, konnten sie ihre Ablehnung durch das Zuziehen der Vorhänge deutlich machen. Yokomizos Angebot versprach die Teilnahme an einer Ausstellung und schloss die Möglichkeit ein, die Veröffentlichung der Fotos abzulehnen. Yokomizo untersucht mit ihrem Projekt Fragen nach der Autonomie des menschlichen Subjekts in der aktuellen Gesellschaft: Wem gehört eigentlich der Körper, wenn seine Verfügbarkeit verhandelt werden kann? Und wie stark ist das Interesse des Individuums an der Kontrolle über den eigenen Körper und das eigene Bild?

Tina Barney zielt mit ihrer Serie "The Europeans" genauso wie Yokomizo auf den Wunsch nach Repräsentation, der tief in der bürgerlichen Fotografie des 19. Jahrhunderts wurzelt. Barney dokumentiert die ausladende Selbstinszenierung der europäischen "Upper Class", die sich in überbordenden Interieurs und einer geradezu barocken körperlichen Haltung äußert. Ihre Protagonisten sind Erben des 19. Jahrhunderts, und der fremde Blick der amerikanischen Fotografin arbeitet präzise die Verpuppung einer Klasse in ihrer eigenen Tradition heraus. Ihr Bild "The Doll" zeigt Vater und Tochter, wie sie eng umschlungen auf das jüngste Kind der Familie schauen, das mit einer Puppe spielt. Aber wer ist hier wessen Spielzeug, wer die Puppe?

In den Bildern von Marjaana Kella dagegen ist der Erkenntnisgewinn der wesentliche Bestandteil der Verabredung. Sie hat Freiwillige zu Hypnosesitzungen in ihr Studio eingeladen und dabei porträtiert. Während die Fotografierten an einem außergewöhnlichen Projekt teilnehmen konnten, hat Kella mit dieser Serie Fragen der Gattung Fotografie verhandelt: Ihrer Überzeugung nach kann die Personenfotografie nicht das Wesen einer Person dokumentieren. Dadurch dass das innere Empfinden der Porträtierten, wenn sie etwa während der Hypnose in den Status eines kleinen Kindes versetzt werden, so offensichtlich von ihrer körperlichen Erscheinung als Erwachsene abweicht, wird dieser Vorgang offenbar.

Die Fotografie hat sich von den traditionellen Fragen nach Ähnlichkeit, Authentizität, Aura oder Dokumentendienst ohne großes Federlesen verabschiedet und vielmehr Strategien aus der Bildenden Kunst integriert, die man zuvor schon in anderen Bereichen beobachtet hat. Bei den Fotografien dieser Ausstellung wird das besonders deutlich. Indem die beteiligten Fotografen mit den Personen, die sie abbilden, umfangreiche Verabredungen treffen, fließen Elemente aus der Concept Art, der Performance oder von partizipatorischen Kunstformen, wie sie seit den 80er Jahren des 20. Jahrhunderts erprobt werden, in das Bild ein. Dabei kann die Fotografie auf ihre ganz eigene Form der Technik und Erscheinung zurückgreifen. Die Ausstellung "Der Kontrakt des Fotografen" belegt mit beeindruckenden Beispielen diesen Wandel in der Fotografie der Gegenwart, bei dem die Fotografie zahlreiche Grenzen überschreitet, ohne im Kern ihre Identität preiszugeben.

Nach der Präsentation in der Akademie der Künste geht die Ausstellung von März bis Mai 2007 in das Museum Morsbroich in Leverkusen.

Kooperationspartner
Museum Morsbroich, Leverkusen, www.museum-morsbroich.de
Siemens Arts Program, www.siemensartsprogram.de
und Akademie der Künste, Berlin
 
Kurator 
Matthias Flügge (Akademie der Künste, Berlin) und Markus Heinzelmann (Museum Morsbroich, Leverkusen, vormals Siemens Arts Program) 
 
Künstler
Tina Barney, Richard Billingham, Jeff Burton, Clegg & Guttmann, Patrick Faigenbaum, Angela Fensch, Jitka Hanzlová, Peter Hujar, Marjaana Kella, Boris Michailow, Nicholas Nixon, Ashkan Sahihi, Thomas Struth, Andy Warhol, Miwa Yanagi und Shizuka Yokomizo 
Katalog
Der Kontrakt des Fotografen, hg. von Matthias Flügge und Markus Heinzelmann, 196 Seiten, Verlag für moderne Kunst Nürnberg, ISBN 3-938821-97-3, Euro 18,00 

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