AUSSTELLUNG
FAITES VOS JEUX !
Kunst und Spiel seit Dada
Eröffnung 18.11.2005Ausstellung 19.11.2005 bis 1.1.2006
Hanseatenweg
Die generelle Verbindung von Kunst und Spiel besteht darin, daß beide auf einem eigenen Spielfeld mit selbst gesetzten, jeweils spezifisch festgelegten und immer wieder neu interpretierten Grenzen und Regeln agieren. Beide sind sie unvernünftig, vom rationalistischen und auf Effektivität zielenden Standpunkt aus überflüssig und zwecklos – und sie bereiten Vergnügen. Das ludische Prinzip bereichert das Schaffende. Der Künstler ist so nicht nur ein ergebnisorientiert handelnder homo faber, sondern vor allem ein kreativ das Feld seiner Möglichkeiten ausschöpfender homo ludens.
Die spezifischen Verbindungen von Kunst und Spiel bildeten zugleich die Leitkategorien für die Auswahl der Werke für die Ausstellung Faites vos jeux ! Sie seien hier kurz umrissen:
Regel und Zufall, die Adaption und Modifikation von Spielregeln, die Erstellung neuer Regelsysteme – sie bilden einen systematischen und systemkritischen Boden für die Kunstproduktion. Marcel Duchamps spielerische und ironische Hinterfragung aller Aspekte der künstlerischen Arbeit setzt hier an. Duchamp, der die “Eigenart des Lebens als Spiel” untersuchte, ist eine Kulminationsfigur für das Thema.
Die Bricollage, der Einbezug von Kinetik und das Einrichten von Versuchsanordnungen animieren als konkrete Experimente das Material und rufen u.a. bei Peter Fischli & David Weiss oder Alexander Calder eine heitere Lebendigkeit hervor.
Die Aktivierung des Potentials des Unbewußten sowie der Kindheit als einer Lebensperiode vor der Spezialisierung, Neugierde und Entdeckungslust, die Erschaffung von Parallelwelten, das Zitieren oder Ausleben von Infantilität und “Ursprünglichkeit” stellen z.B. für die Surrealisten ein Füllhorn dar, mit Hilfe dessen sie die Kunst von ihren akademischen Verkrustungen befreien wollen.
Das Rollenspiel und das Clowneske – nicht als neoliberales Einüben ertragreicher, an die jeweilige Situation angepaßter Rollenmodelle, sondern als Entwurf einer mit den überkommenen Klischees jonglierenden und eigendefinierten Existenz – charakterisiert beispielsweise die künstlerische Haltung von Christian Boltanski oder Cindy Sherman.
Die Bereitstellung von Handlungsspielräumen, die Erkundung eines Möglichkeitsfeldes und die damit einhergehende Erweiterung des Kunstbegriffs sowie die Fortführung der Idee des “offenen Kunstwerks” (Umberto Eco) bestimmen besonders die Werke und Aktionen der mit Fluxus verbundenen Künstler.
Der “Ernst” des Lebens gegenüber der “Freiheit” der Kunst, das Aufdecken strategischer Erwägungen gegenüber der Fluktuation von Bezügen spielen eine Rolle u.a. bei Arnold Schönberg und Öyvind Fahlström.
Die Ausstellung in der Akademie der Künste stellt vier Generationen von Künstlern und Künstlerinnen des 20./21. Jahrhunderts vor. Die Auswahl internationaler Positionen bietet einen konzentrierten Blick auf Kernphänomene der Verbindung von Kunst und Spiel.
Kuratorin: Nike Bätzner
Kontakt: 030-6943088, nike.baetzner@freenet.de
Hallen 1 und 2
Faites vos jeux ! zeigt Werke von:
Hans Arp
Gustavo Artigas
Hugo Ball
Hans Bellmer
Alighiero Boetti
Christian Boltanski
Monika Brandmeier
Marcel Broodthaers
John Cage
Alexander Calder
Lygia Clark
Marcel Duchamp
Öyvind Fahlström
Robert Filliou
Peter Fischli & David Weiss
Raoul Hausmann
Hannah Höch
Carsten Höller
Stan Laurel & Oliver Hardy
Zbigniew Libera
Axel Lieber
George Maciunas
René Magritte
Paul McCarthy
Meret Oppenheim
Tony Oursler
Takako Saito
Arnold Schönberg
Kurt Schwitters
Cindy Sherman
Roman Signer
Roland Stratmann
Jean Tinguely
und
Gemeinschaftswerke von Max Ernst, Max Morise, André Masson; Oskar
Dominguez, Georges und Germaine Hugnet, Yves und Jeanette Tanguy; Meret
Oppenheim, Roberto Lupo, Anna Boetti; Remedios, Adolphe Acker, Georges
Mouton, Georges Péret
Im Anschluß an die Station in der Akademie der Künste Berlin wird die Ausstellung im Museum für Gegenwartskunst Siegen gezeigt werden. Zuvor war sie zu sehen im Kunstmuseum Liechtenstein, siehe www.kunstmuseum.li
Zur Ausstellung erscheint ein Katalog
Die Katalogtexte behandeln zwei Themenfelder: Zum einen wird der These
nachgegangen, daß der Kunst prinzipiell ein spielerischer Charakter
eigen ist. Zum anderen werden bestimmte Kunstströmungen des 20./21.
Jahrhunderts wie Dada, Surrealismus, Fluxus, Intermedia sowie
Themenfelder wie Rollenspiel, strategisches Vorgehen, Regel und Zufall,
der Einbezug des Publikums, die Konkurrenz von Spaß und Ernst, das
kreative Ausloten von Grenzen oder gesellschaftliches Ritual und die
Verbindung dieser Themen zum Spiel vorgestellt.
Der Katalog enthält Beiträge von Nike Bätzner, Michael
Lüthy, Gunda Luyken, Jürgen Pech, Gabriele Knapstein, Christoph
Metzger, Ernst Strouhal, Michael Glasmeier, Ruth Sonderegger,
Christiane Meyer-Stoll, Constanze von Marlin, Philip Ursprung, Ulrich
Stock und ein Werkverzeichnis mit Lebensdaten der Künstler.
224 Seiten, 13 Essays, ca. 250 großteils farbige Abbildungen, 25
Euro während der Ausstellung, 34 Euro im Buchhandel, ISBN
3-7757-1621-1.
Die Ausstellung wird
gefördert durch den
Hauptstadtkulturfonds
mit freundlicher Unterstützung von
Fürstentum Liechtenstein
Stiftung Fürstlicher Kommerzienrat Guido Feger
Pro Helvetia
Französische Botschaft
Kubix
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